DPA/ANNE DEDERT
Dimensionen
Querelen um das Quantitative Easing
Über Jahre hinweg hat die Europäische Zentralbank Geld in die Finanzmärkte gepumpt. Seit Jahresbeginn ist damit nun Schluss. Die EZB stellte ihre Anleihekäufe ein. In Summe hat sie für rund 2,6 Billionen Euro Staats- und Unternehmensanleihen gekauft. Es war dies das größte Ankaufprogramm der EZB - und auch das umstrittenste.
15. Februar 2019, 02:00
Sendung hören
Dimensionen | 15 01 2019
2013 schlitterte die Eurozone erneut in eine Rezession. Die Arbeitslosigkeit war in vielen EU-Ländern hoch, die staatlichen Haushalte verschuldet und die Inflationsrate niedrig. Die EZB fürchtete eine Deflation, also einen Rückgang der Preise. Da die konventionellen geldpolitischen Maßnahmen bereits ausgeschöpft und die Leitzinsen nahe Null lagen, beschritt man einen unkonventionellen Weg. Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, verkündete den monatlichen Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen in der Höhe von 60 Milliarden Euro.
Was niedrige Zinsen bringen
Wenn die EZB Staatsanleihen ankauft, dann steigt die Nachfrage und infolgedessen auch der Preis. Die Zinsen auf die Anleihen sinken jedoch, da es plötzlich genug InvestorInnen gibt, die bereit sind Staatsanleihen zu halten. Mit dieser unkonventionellen Maßnahme wollte die EZB das langfristige Zinsniveau senken. Niedrige Zinsen bedeuten nämlich günstige Kredite. Und diese günstigen Kredite sollen wiederum Investitionen und Konsumnachfrage stärken.
Das QE Programm war von Anfang an umstritten. Es würde die SparerInnen enteignen, zu Spekulationsblasen an den Finanzmärkten führen und die Schuldnerländer subventionieren, so lauteten die Vorwürfe. Die Bilanz der EZB schaut hingegen positiv aus. Das Ankaufprogramm habe zu Wirtschaftswachstum geführt und zwei bis drei Millionen Arbeitsplätze geschaffen.
Verteilungsfolgen und neue Aufgaben
"Der Einsatz sogenannter nicht-konventioneller Maßnahmen hat die Verteilungsdebatte neu aufleben lassen", erklärt Helene Schuberth von der Österreichischen Nationalbank. Bereits in den 90er Jahren stellten ForscherInnen fest, dass eine expansive Geldpolitik egalitär auf die Verteilung wirkt. " Zinssenkungen und auch Ankaufprogramme beeinflussen makroökonomische Größen wie Löhne, Beschäftigung und Wirtschaftswachstum." Teilzeit kann wieder in Vollzeit verwandelt werden, die Arbeitslosigkeit geht zurück und die Konjunktur zieht wieder an: diese indirekten Effekte darf man nicht übersehen, mahnt die Ökonomin.
Die letzte Finanz- und Wirtschaftskrise habe das Aufgabenspektrum von Zentralbanken erweitert, ist Emanuele Campiglio überzeugt, der am Institut für Ecological Economics der Wirtschaftsuniverstiät Wien forscht. Zentralbanken sollen nicht mehr nur für Preisstabilität sorgen, sondern auch das Finanzsystem überwachen und systemische Risiken adressieren.
Eine koordinierte, europäische Fiskalpolitik hat es nach der Krise nicht gegeben. Die Europäische Zentralbank ist mit ihrer Geldpolitik eingesprungen und wurde damit zu einem politischen Akteur. Dem Quantiative Easing Programm sei die wirtschaftliche Erholung der Eurozone zu verdanken, wird Mario Draghi deshalb auch nicht müde zu betonen.