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Cecil Taylor und das Jazzatelier in Ulrichsberg
Wer Jazz und zeitgenössische Musik mag, der kennt diesen Ort. Wer sich in diesem Feld bewegt, für den sind Montreux, New York oder Paris, oder eben Ulrichsberg im oberen Mühlviertel, gleichberechtigt und gleichwichtig. Denn das sogenannte Jazzatelier in dieser kleinen Gemeinde in Oberösterreich ist ein international renommierter Kraftpunkt für Jazz und Neue Improvisationsmusik - und das seit den 1970er Jahren.
25. März 2019, 02:00
Das Musikfestival "Ulrichsberger Kaleidophon" erzeugt einen Wohlklang in vielen Jazz-Ohren. Alois Fischer ist Urgestein, Gründerfigur und Zentralstern des Jazzatelier.
"Wer hätte damals, bei der Gründung des Jazz Atelier gedacht, welche Stars hier über die Jahrzehnte auftreten würden."
Die meisten Namen waren groß: Art Farmer oder Friedrich Gulda, Anthony Braxton oder Peter Brötzmann, John Zorn und Franz Koglmann, Evan Parker und Sun Ra – wir könnten die Liste noch eine ganze Weile fortsetzen. Erweitern sie aber um einen Namen: Cecil Taylor. 1986 trat er das erste Mal in Ulrichsberg auf.
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Die Saxofonistin Tanja Feichtmair stammt ebenfalls aus Ulrichsberg, ist ebenso lange wie Alois Fischer im Jazzatelier aktiv und hat sehr spezielle Geschichten über die Auftritte ihres guten Bekannten Cecil zu erzählen, denn sie war mehrmals seine Betreuerin, im wahrsten Sinn des Wortes.
Vier Reisen trat Cecil Taylor über die Jahre nach Ulrichsberg an. Er spielte hier fünf Konzerte, das erste 1986. Bei Alois Fischer hat sich diese erste Begegnung eingebrannt - auf immer. 1987 kommt Taylor dann das zweite Mal nach Ulrichsberg. Geplant ist ein Solo-Konzert - im Rahmen des Kaleidophon, des jährlichen, drei-tägigen Festivals.
Der dritte Cecil Taylor Auftritt in Ulrichsberg dann Mitte der 90er Jahre, eine Zeit in der er eben nicht mehr nur ein Fürst des Jazz, sondern eben schon ein König war - wir haben uns auf diese Bezeichnung unabgesprochener Weise geeinigt.
"I try to imitate on the piano the leaps in space a dancer makes".
Wer von edlem Blute ist, der hat Ansprüche - immer deutlicher wurde den Ulrichsbergern diese Erkenntnis vor Augen geführt. Die Kirchglocken in der Ortsmitte, gleich neben der Hotel-Unterkunft Taylors etwa, waren manch einem und einer der Mitgereisten ein Dorn im Auge. Sie sollten für den Meister einfach verstummen.
Cecil Taylor im oberen Mühlviertel, das hieß immer: großes Theater in einem kleinem Ort. Von ihm selbst eingeforderte, viel zu teure Business-Class Flüge nach Europa konnten ihm nicht gezahlt werden, dafür erhandelte er sich aber im Gegenzug von den Festivalbetreibern eine erkleckliche Extrazahl an Sektflaschen für den - sagen wir - Alltagsgebrauch.
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Alois Fischer und vor allem Tanja Feichtmair und ein zweiter Betreuer hatten jedenfalls alle Hände voll zu tun mit dem Jazz-Giganten. Er wollte ein eigenes Partyzimmer, erwartete in Linz von einer Limousine abgeholt zu werden. Kleinere und größere Wünsche, die man ihm nur bedingt erfüllen konnte. Aber, dessen war sich Fischer bald bewusst: Taylor gefiel die hohe Wertschätzung, die man für ihn hatte. Er kam immer wieder nach Ulrichsberg.