Fotograf Luigi Toscano, Bundespräsident Alexander van der Bellen und Doris Schmidauer

APA/GEORG HOCHMUTH

Ausstellung

Bleibende Blicke - "Gegen das Vergessen"

Knapp hundert Porträts von Opfern der NS-Verfolgung sind am Ring entlang des Heldenplatzes zu sehen. Eröffnet hat die Ausstellung heute Vormittag Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Beisein von Holocaust-Überlebenden und des Projektinitiators, des Fotografen Luigi Toscano.

Mittagsjournal | 07 05 2019

Wolfgang Popp

Die UNO in New York, Berlin und Kiew waren bereits Stationen der Ausstellung "Gegen das Vergessen", jetzt hat das psychosoziale Zentrum ESRA die Schau nach Wien geholt, die auch zeitgleich in San Francisco zu sehen ist.

Wehret den Anfängen

Die Patronanz hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen übernommen. In seiner Eröffnungsrede sagte Van der Bellen: "Ich hoffe, dass Initiativen wie diese Ausstellung dazu beitragen, darüber nachzudenken, wie es zur Verfolgung, zum Foltern, zum systematischen Morden kommen konnte. Mit anderen Worten: dass wir nicht nur über die Endphase, über Mauthausen und Auschwitz nachdenken, sondern über deren Vorgeschichte. Es beginnt immer mit dem entwertenden, diffamierenden Wort, es beginnt damit, andere zu Sündenböcken zu machen, und endet schon vor Auschwitz und den anderen Lagern mit der Entmenschlichung von Menschen. Ich glaube, es beginnt immer damit, dass bestimmte Menschengruppen durch Rhetorik und Politik zu den anderen gemacht werden."

Keine Zukunft ohne Vergangenheit

Vier der insgesamt beinahe hundert Porträtierten der Schau wohnten der Eröffnung bei, darunter auch Viktor Klein, der während der NS-Diktatur acht Monate in Auschwitz überlebte und dort beim Marsch der Lebenden gerade einen Vortrag vor tausend Jugendlichen gehalten hat: "Ich habe den Jugendlichen gesagt, wenn man die Vergangenheit vergisst, kann man Gegenwart und Zukunft nicht gestalten."

Das Schweigen brechen

Der Deutsch-Italiener Luigi Toscano hat mit der Arbeit an "Gegen das Vergessen" schon vor vier Jahren begonnen. Knapp vierhundert Opfer der NS-Verfolgung hat er mittlerweile porträtiert. Für viele von ihnen war die Anwesenheit des Fotografen der Auslöser nach Jahrzehnten des Schweigens ihre traumatischen Erlebnisse endlich zu teilen.

Luigi Toscano erinnert sich an sein Treffen mit Maria in einem kleinen ukrainischen Dorf: "Weil in der Sowjetzeit nicht über diese Zeit gesprochen werden durfte, haben die dort eine noch ganz junge Erinnerungskultur. Und für Maria war mein Besuch der Auslöser ihre ganze Familie zu versammeln und ihnen erstmals ihre traumatische Geschichte zu erzählen."

Das Trauma bekämpfen

Die NS-Verfolgten gingen auf verschiedenste Weise gegen ihre Traumata an. Besonders beeindruckt hat Toscano die Lebensgeschichte von Anna: "Anna war ein Versuchskind von Doktor Mengele und hatte nach ihrer Befreiung eine fruchtbare Angst vor Ärzten. Und bekämpft hat sie ihre Angst, indem sie selbst Ärztin wurde."

Aus knapp hundert Augenpaaren schaut einem derzeit am Ring beim Heldentor die Vergangenheit ins Gesicht. Eindringlich, unverwandt und dank der Größe von zwei Metern auch unübersehbar. Zu sehen ist "Gegen das Vergessen" bis 31. Mai.

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Gegen das Vergessen

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