Gerti Drassl

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Ö1 Hörspiel

Der Weibsteufel

"Ö1 Hörspiel" zu Karl Schönherrs gleichnamigem Drama.

"Ich bin keine Sterberin. Ich leb gern; ja, jetzt noch lieber als früher. Wenn schon gstorbn sein muss, warum denn grad ich und du, zwei gsunde Leut?" Nüchtern zieht das Weib vor dem Grenzjäger in Karl Schönherrs Stück "Der Weibsteufel" seinen Schluss aus den Erfahrungen, die es durch den wechselhaften Kampf mit sich selbst und den beiden Männern gemacht hat.

Einblick in die körperlichen Nöte

"Der Mann. Sein Weib. Ein junger Grenzjäger. Schauplatz: Eine Stube" - so schlicht leitet Karl Schönherr seine Dreiecksgeschichte ein, die 1915 am Wiener Burgtheater zur Uraufführung gelangte und eines seiner erfolgreichsten Stücke werden sollte.

Es ist ein Drama mit einfachem Plot, das zwischen den Worten seine Vielschichtigkeit offenlegt und Satz für Satz die mörderische Dynamik zwischen den drei typisierten, namenlosen Figuren vorantreibt, deren Bedürfnisse aber nicht konkreter und menschlicher sein könnten. Karl Schönherr war nicht nur Schriftsteller, er war auch Arzt. Er hatte tiefen Einblick in die körperlichen Nöte der Menschen und wusste genau um die oft schwerwiegenden sozialen Konsequenzen mangelnder Gesundheit.

Taktisch eingesetzte Erotik

Aus diesen Nöten bzw. Begierden entwickelte er den Unterbau zu seinem "Weibsteufel". Er verknüpfte zeitlose Motive wie Status, Besitz und Anerkennung mit dem unerfüllten Kinderwunsch der Frau, der nicht erfüllenden Sexualität des mittellosen Ehepaares und einer zunächst nur taktisch eingesetzten Erotik des Jägers, die, sobald echte Gefühle ins verräterische Spiel kommen, nicht mehr so einfach kontrolliert werden kann.

Der Mann treibt sein Weib an, den falschen Avancen des Jägers nachzugeben, damit er ungestört seiner Hehlerei nachgehen kann. Er will das Haus am Marktplatz kaufen, um so den gewünschten gesellschaftlichen Aufstieg zu erlangen und zumindest auf diese Weise vor seinem Weib als "ganzer Mann" dazustehen.

Hannes Perkmann und Harald Windisch

Hannes Perkmann und Harald Windisch

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Zum Warenwert degradiert

Der Jäger lässt sich wiederum vom Kommandanten auf das Weib "ansetzen", um den kriminellen Machenschaften des Paares auf die Schliche zu kommen und eine schnelle Beförderung zu erreichen. Das Weib weist zunächst das Ansinnen des Mannes zurück, spielt aber schließlich mit, bis es, mehrfach verraten vom "System Weibsteufel", zur Einzelkämpferin wird.

Im Konkurrenzkampf der beiden Männer zum Warenwert degradiert, erkennt es in dieser Ware ein Werkzeug, lernt es einzusetzen und schlägt die Herren mit ihren eigenen Mitteln. Intimität, Grenzen die überschritten werden, und vor allem das, was nicht gesagt wird: Mit diesen Innenräumen beschäftigt sich dieses Hörspiel, das die bäuerliche Stube in seiner musikalischen Umsetzung weder zeitlich noch regional verortet.

Hörspielaufnahme

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Musikalische Umsetzung & Kunstsprache

Alle Sounds (von Stefan Fraunberger) kommen aus dem Bauch eines Zymbals (ungarisches Hackbrett), zum Teil elektronisch bearbeitet, zum Teil im Originalklang belassen. Die Kunstsprache des Tiroler Schriftstellers und Arztes Karl Schönherr ist im (lokalen) Idiom der drei Tiroler Schauspieler/innen Gerti Drassl, Hannes Perkmann und Harald Windisch angedeutet. Technisch umgesetzt wurden die akustischen Erzählräume von Anna Kuncio (Ton), Daniel Bren und Manuel Radinger (Schnitt).

Gestaltung

Übersicht