Installation von Carolee Schneemann

APA/GERALD ZUGMAN

Radiokolleg, 13. Mai 2019

Positionen in der Kunst - Carolee Schneemann

Die am 6. März 2019 verstorbene Carolee Schneemann gehört zu den Pionierfiguren einer feministisch inspirierten Performance-, Happening- und Medienkunst.

Geboren 1939 in Pennsylvania betrat sie die noch vorwiegend männlich dominierte Szene in den frühen 1960er Jahren und erregte von Beginn an durch provokante und sexuell explizite Arbeiten Aufsehen. Zu den heute legendären Werken aus dieser Zeit zählen mittels Film oder Fotografie dokumentierte Performances wie "Eye Body" (1963), wo die Künstlerin mit zerbrochenen Spiegeln und motorisierten Regenschirmen ein 'Loft Environment' herstellt und sich selbst in Materialien wie Fett, Kreide und Plastik hüllt. Berühmt und berüchtigt ist auch die Filmarbeit "Fuses", die sie mit ihrem damaligen Lebensgefährten, dem Komponisten James Tenney, beim Sex zeigt, wobei der Film durch direktes Zeichnen auf das Zelluloid, aufgetragene Flecken, Farben und Brandspuren verändert, gewissermaßen 'verwundet' wurde.

Carolee Schneemanns Werk umfasst Malerei, Collage, Assemblage, Skulptur, Installationskunst, Fotografie, Happening und Performance und kann auch als Erforschung künstlerischer Themen und Topoi auf Grundlage eines breiten kunsthistorischen Wissens gedeutet werden. Zu ihren heute als emblematisch geltenden Werken gehört "Meat Joy" (1964), ein entgrenzter dionysischer Ritus und eine Feier des Fleisches als Material. Oft gibt es in ihren Arbeiten einen düsteren Grundton und einen gewissen Hang zur Nekrophilie: In "Mortal Coil" (1994) memoriert Carolee Schneemann 15 Künstlerkolleginnen und -kollegen, die in den frühen 1990er Jahren verstarben, darunter John Cage, Charlotte Moorman und Hannah Wilke. "Terminal Velocity" (2009) verwendet computerbearbeitete Bilder von Menschen, die am 11. September 2001 aus dem World Trade Center in den Tod springen und zeigt sie als von der Umgebung abgelöste Personen - so erhalten sie gewissermaßen ihre Individualität zurück.

Im Kern sah sich Carolee Schneemann als Traditionalistin, die an den künstlerischen Fäden der Historie konstruktiv weiterwebte. Schneemanns Motto lautete: "Ich bin eine Malerin, welche die Leinwand verlassen hat, um den Raum der Gegenwart und gelebte Zeit zu aktivieren".
Gestaltung: Thomas Miessgang

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