John und Molly Chester vor ihrer Farm

AP/INVISION/CHRIS PIZELLO

Prämierte Doku

"Unsere große kleine Farm" im Kino

Ein Aussteigerleben im Einklang mit der Natur zu führen, davon träumen viele. John und Molly Chester aus Los Angeles haben sich diesen Traum erfüllt und eine Farm aufgebaut, auf der sie ohne Pestizide traditionelle Landwirtschaft betreiben. Und weil John Chester ein mit einem Emmy Award ausgezeichneter Dokumentarfilmer ist, hat er den acht Jahre langen Prozess mitgefilmt, den es brauchte, um aus totem Land ein fruchtbares Paradies zu machen. Herausgekommen ist der preisgekrönte Dokumentarfilm "Unsere große kleine Farm".

Morgenjournal | 08 07 2019

Katharina Menhofer

In einer kleinen Mietwohnung in Los Angeles träumten John und Molly Chester, ein junges Ehepaar - sie Food-Bloggerin, er Tierfilmer - den Traum von ihrer eigenen kleinen Bilderbuch-Farm, wo sie alles, was Molly für ihre gesunde Essenszubereitung brauchte, selbst und ohne Einsatz von Düngemittel, anbauen konnte.

"Wir müssen eine direkte lokale und saisonale Lebensmittel-Wirtschaft aufbauen"
John Chester

Den entscheidenden Anstoß, den Traum Wirklichkeit werden zu lassen, gab ihr verschreckter Hund Todd, den sie eben aus den Fängen einer Tierhorterin geholt hatten, und dessen lautes Bellen die Nachbarn verärgerte. Bald hieß es für die Chesters: entweder Wohnung oder Hund. Sie entschieden sich für Todd.

Kulturjournal | 08 07 2019 | John Chester im Gespräch

Katharina Menhofer

Büchse der Pandora

Mittels Crowdfunding konnten die beiden genügend Geld auftreiben, um sich im Umland von Los Angeles 80 Hektar Land zu kaufen. Aber Apricot Lane Farm - so der romantische Name - war totes Brachland, ausgelaugt vom jahrelangen Monokultur-Anbau, erzählt John Chester: "Der Boden war tot, aber wir dachten, mit Hilfe der Kräfte der Natur würden wir das im Handumdrehen lösen können und das ökologische Gleichgewicht wiederherstellen. Das war unglaublich naiv von uns, wir hatten keine Ahnung, dass wir gerade Pandoras Büchse geöffnet hatten."

Apricot Lane Farm

"Unsere Farm wurde in 45 Jahren vollkommen zerstört, aber in nur acht Jahren haben wir den toten Boden dort zum Leben erweckt und gesund gemacht." John Chester

THIMFILM

Die Kräfte der Natur brauchten Nachhilfe, und einen Nachhilfelehrer fanden die Chesters in Alan York, einem engagierten Experten für traditionelle Landwirtschaft, der ihnen riet, auf Artenvielfalt zu setzten, Mikroorganismen zu züchten und Tiere wie Rinder, Schafe, Hühner und Schweine zur Düngung des Bodens anzuschaffen.

Ein Schritt vorwärts, zwei zurück

Doch jeder kleine Erfolg brachte Rückschläge, die Vögel fraßen das Obst, die Kojoten die Hühner, die Schnecken die Pflanzen, den Rest besorgte der Klimawandel mit Stürmen, Dürren und Überschwemmungen. Aber die Chesters, durch und durch Amerikaner, gaben nicht auf.

"Es waren die schwierigsten acht Jahre meines Lebens", sagt John Chester, "die ich nicht wiederholen, aber auch nicht missen möchte. Es war eine unglaubliche Erfahrung und eine Belastung - in jeder Hinsicht, und die Kamera ist in all den Jahren immer so ein bisschen mitgelaufen."

Ohne Liebe kein Engagement

Auf eineinhalb Stunden sind die acht Jahre zusammengerafft, was eine dichte Abfolge an Emotionen und Spannung erzeugt. Die tierischen Charakterdarsteller, wie das Schwein Emma oder der zerrupfte Hahn Mr. Greasy, die professionellen Naturstudien und die Musik von Jeff Beal (dem Komponisten von "House of Cards") tragen zur Emotionalisierung des Filmes bei - der übrigens ganz bewusst auf ein wenig Pathos setzt.

"Wir müssen den Menschen die Gelegenheit geben, sich in die Erde zu verlieben, wirklich bewegt zu sein, denn ohne diese Emotion, ist der Anreiz, sie retten zu wollen oder zu verstehen, gering. Nicht Angst und Druck wird unser Verhalten ändern, sondern Zuneigung und Liebe, aus der Verantwortung erwächst."

Die Liebeserklärung an die Natur, scheint geglückt zu sein. Denn nach Veröffentlichung des Films im Vorjahr, wird die Apricot Lane Farm, auf der auch viele freiwillige Helfer mitarbeiten, von internationalen Gästen gestürmt, die hier an Workshops und Führungen teilnehmen können. Eine filmische Saat, die aufgegangen ist.

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