Aquarell Farben vermischen sich auf einem Papier

ORF/ISABELLE ORSINI-ROSENBERG

Der unbekannte Gott - Eine Reflexion

Der unbekannte Gott wird erstmals in der Apostelgeschichte des Neuen Testaments genannt, der christliche Missionar Paulus, ein gebürtiger Jude mit römischem Bürgerrecht und Zeitgenosse des Jesus von Nazareth, entdeckt bei seinem Aufenthalt in Athen einen Altar mit der Aufschrift: Einem unbekannten Gott.

Nach der Reise in unterschiedliche Götterwelten und durch die Zeiten - stellt sich die Frage: Haben Menschen das Bedürfnis, sich Gottheiten oder einer höheren Macht zuzuwenden?

"Nachdem Götter, Göttinnen und göttliche Mächte untrennbar mit Religion verbunden sind, kann man die fundamentalere Frage stellen: Sind Menschen von Grund auf religiös? Wenn man Religion definiert als Suche nach Orientierung und Sinn, nach Transzendenz der Alltagswirklichkeit, dann steckt im Begriff der Transzendenz immer die Frage nach göttlicher Macht. Menschen sind soziale Wesen und daher gibt es, meiner Meinung nach, ein starkes Bedürfnis die Sehnsucht oder Erfahrung einer transzendentalen Kraft zu personifizieren. Man muss aber auch zur Kenntnis nehmen, dass ein großer Prozentsatz von Menschen in der modernen Gesellschaft dieses Bedürfnis nicht verspüren, " sagt die Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Religionswissenschaft, Birgit Heller.

Die Götterwelten sind oft so bunt wie die Menschen, die sie anrufen. Sind Götter nur menschliche Projektionen?

"Alle Gottheiten, die die Religionsgeschichte kennt, haben eine Biographie, das heißt sie haben sich historisch entwickelt. Aus Sicht der Religionswissenschaftler können wir nur festhalten, dass Menschen seit frühester Zeit und quer durch die Kulturen Transzendenzerfahrungen, die sie machen, erzählen und sie in unterschiedliche, teilweise aber auch ganz ähnliche, Bilder von Gott, Götter und Göttinnen kleiden, " sagt Birgit Heller.

Gibt es einen Gott? Gibt es mehrere? Welcher ist der Wahre?

"Ich halte die Frage: Was kann ich tun, wie kann ich mich verhalten um im Sinne Gottes ein guter Mensch zu sein?, für wichtiger als die Frage: Wie ist dieser Gott? Wir versuchen die Welt so zu gestalten, dass wir gemeinsam gut in ihr leben können, das ist eigentlich wahrer Gottesdienst", sagt der Judaist, Philologe und katholische Theologe Gerhard Langer.

Und diese Fragen der Ethik, des Bemühens um ein gutes Leben für alle, richten sich schließlich an alle, religiöse wie nicht-religiöse Menschen.

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