Juliette Binoche

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Kino

"So wie du mich willst" - Aus Claire wird Clara

Ein "Catfish" ist eine Person, die im Internet vorgibt, eine andere zu sein. Und eine solche spielt die 55-jährige Oscar-Preisträgerin Juliette Binoche in "So wie du mich willst" des französischen Regisseurs Safy Nebbou. Der Film basiert auf Camille Laurens' Roman "Celle que vous croyez".

Morgenjournal | 06 08 2019

Benno Feichter

Ungeschminkt in Großaufnahme, das Gesicht unter Wasser, blickt Juliette Binoche in die Kamera. Sie spielt Claire und diese Frau, die in der ersten Einstellung des Films zu sehen ist, hat wenig mit der gemeinsam, als die sie sich später ausgibt.

"Zu altern ist, glaube ich, für niemanden einfach; erst recht nicht vor der Kamera. Aber ich mache mir nicht allzu viele Gedanken, wie ich in welchem Licht aussehe. Wenn es - wie in 'So wie du mich willst' - Großaufnahmen von mir gibt, und ich mich davor fürchte, dann probiere ich, diese Angst einfach zu genießen. Das ist die einzige Möglichkeit", so Juliette Binoche im Ö1 Interview.

Kulturjournal | 06 08 2019 | Juliette Binoche im Gespräch

Benno Feichter

Claire ist Literaturprofessorin, Mitte 50, Mutter von zwei Kindern und geschieden. Als ihr jüngerer Liebhaber auf Distanz zu ihr geht, legt sie sich - in ihrer Einsamkeit verletzt - unter falschem Namen ein Facebook-Profil an. Aus Claire wird die 23-jährige Clara, Praktikantin in der Modebranche. Eine neue Identität als Illusion, mit der die Frau ihre Würde zurückzugewinnen versuche, sagt Juliette Binoche.

Social Media für die Elterngenerationen

Claire beginnt eine Onlineaffäre mit einem jungen Fotografen. Aus dem Chat werden Telefonate. Bald sitzt die Literaturprofessorin öfter mit Smartphone am Esstisch als ihre Kinder und auch in den Vorlesungen sind es nicht mehr nur die Studenten, die abgelenkt im Hörsaal sitzen. Regisseur Safy Nebbou: "Ich bin jetzt selbst 50, gehöre also nicht zu einer Generation, die mit Sozialen Medien aufgewachsen ist. Normalerweise werden Soziale Medien im Kino im Kontext einer jüngeren Generation erzählt. Ich fand diesen Perspektivwechsel spannend, und der Film richtet sich auch eher an ein erwachsenes Publikum."

Safy Nebbou wechselt zwischen ernsten, komischen und einfühlsamen Momenten, und spielt - ohne sich auf eine Genreschublade festzulegen - schließlich mit Thriller-Elementen: wenn für Claire die Grenzen zwischen Spiel und Realität zunehmend verschwimmen, die Online-Liebschaft sich in der realen Welt treffen möchte und ein Versteckspiel mit tragischem Ausgang beginnt.

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Zwischen Komödie, Thriller und Macron

Nebbou erzählt die Geschichte in Rückblenden, mit einem Gespräch zwischen Claire und ihrer Psychiaterin als rotem Faden, in dem Szenen moralisch reflektiert oder in bissigen Dialogen zwischen den beiden Frauen kommentiert werden - immer mit Juliette Binoche im Zentrum, die mit all den unterschiedlichen Stimmungen jongliert.

Dass der Film "So wie du mich willst" nicht - wie so oft - vom älteren Mann mit der jüngeren Liebhaberin erzählt, sondern eben umgekehrt, sei in Frankreich nichts Ungewöhnliches mehr, scherzt Binoche dann: "Wir haben die Macrons!"

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