Bob Dylan, Filmstill

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Einst und heute

Life on the Road - Tourneen im Pop

Martin Scorseses Dokumentarfilm über Bob Dylans "Rolling Thunder Revue" im Jahr 1975 feierte erst vor wenigen Wochen seine Streaming-Premiere. Darin zu sehen: ein gut gelaunter Bob Dylan, der seinen Tourneebus selbst fährt und dessen Tour-Personal ständig wechselt. Einmal ist Joni Mitchell dabei, dann Joan Baez, einmal spielt er in Turnsälen, dann in Theatern. Das ist gut 40 Jahre her und hat mit Pop-Tourneen im Jahr 2019 nicht mehr viel zu tun.

Rolling Thunder Revue

Rolling Thunder Revue

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Für Matt Tuck, den Sänger von Bullet for My Valentine sind Konzerte und Tourneen das tägliche Brot. Fast sein halbes Leben hat der 38-jährige Waliser unterwegs verbracht. "Seit ich 23 bin ist das, neben meiner Rolle als Ehemann und Vater, der größte Teil meines Lebens."

Bullet for My Valentine kommen aus Wales und sind heute ein globales Unternehmen. "Wir haben das Glück, weltweit beliebt zu sein. Das bedeutet aber auch Tourneen rund um den Erdball", meint Tuck. Übersetzt heißt das vor allem Reisen, Strapazen, Stress und Trennung von der Familie. Aber natürlich auch ein mehr als solides Einkommen und das Einbringen der Ernte. Denn Pop-Tourneen sind seit Jahren der Goldesel der Industrie.

Wo kommt das Geld hin?

Vom Preis eines Tickets sieht die Band allerdings nur einen Teil. Rund 10 Prozent gehen grundsätzlich für die Ticketbuchung drauf, dazu kommen noch (je nach Land unterschiedliche) Steuern. Von den verbliebenen 85 Prozent muss die Band den Veranstaltungsort bezahlen, Bühnenarbeiter und Roadies, die sich um die Gerätschaften kümmern. Auch Strom und Bühnengerüste kosten Geld.

Der Rest wird üblicherweise im Verhältnis 85:15 zwischen Band und Promoter aufgeteilt. Davon muss die Band dann das Management und das eigene Team bezahlen. Schon bei einer österreichischen Band wie Bilderbuch sind das auch etwa 20 Menschen.

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Ipswich night #2 ! 📸 @zakarywalters #dividetour

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Cashcow Ed Sheeran

Rund 560 Millionen Dollar kassierten Guns and Roses für ihre letzte "Not in This Lifetime"-Tour, die auch in Wien Station machte. Ein rothaariger Brite kann da nur schmunzeln. Ed Sheerans "Divide"-Tour marschiert gerade unaufhaltsam Richtung 750 Millionen US-Dollar.

Davon sind The Faim, eine junge Band aus Australien, noch ein Stück entfernt. Aktuell spielt die Band Konzert um Konzert. Was immer es braucht, um den ganz großen Durchbruch zu schaffen. "Wir spielen, wo immer wir angefragt werden. Da geht’s nicht um persönliche Befindlichkeiten. Würde es darum gehen, wären wir am falschen Platz. Das ist harte Arbeit", sagt Sänger Josh Raven.

Matt Tuck von Bullet for My Valentine kennt die Situation. "Wir haben viele Gigs gespielt, in London und in Birmingham. Aber auf die erste echte Tour, vielleicht sogar in einem fremden Land, bereitet einen nichts vor."

Matt Tuck

Matt Tuck

AP/ONDREJ HAJEK

Kein leicht verdientes Geld

Das Geld stecke aber nicht nur in den Konzerttickets, meint The-Faim-Tourmanager Ollie Horner, sondern in den kleinen Sachen. Im "Merch" nämlich. Merch ist die Kurzform von Merchandising, also allerlei gebrandete Utensilien von Feuerzeugen und Socken bis zum klassischen T-Shirt. "Ohne T-Shirt-Verkauf deckst du kaum die Kosten. Ohne Merch wären Tourneen weit weniger ertragreich", sagt der Horner, der seit sieben Jahren Bands auf Tour managt.

Was also für Konzertbesucher nach leicht verdientem Geld aussieht, ist für die Musiker und ihr Management eine ständige Gratwanderung. Nicht nur psychisch, überfordert wird mitunter auch der Körper. Matt Tuck etwa musste wegen einer akuten Entfernung der Gaumenmandeln einen gemeinsamen Auftritt mit Metallica im Wembley-Stadium absagen werden. Ausgerechnet Metallica, Tucks Helden seit Kindheitstagen. "Das war der heilige Gral - Wembley, Queen, die Atmosphäre - mein Kindheitstraum, aber wir mussten passen."

"Ein unfassbar schönes Leben"

Mittlerweile ist Tuck, wie auch zwei seiner Bandkollegen, Vater. Das Beste für ihn wäre, die Familie auch unterwegs bei sich zu haben. Ansonsten könne einen das Tourleben an den Rand eines Nervenzusammenbruchs bringen.

Und dennoch - Tuck schätzt sein Leben auf Achse. "Wenn alles gut läuft, ist dieses Leben der Wahnsinn. Wenn es nicht läuft, geht es aber auch tief hinunter. Es ist sicher nichts für jeden. Man ist viel unterwegs, oft von Freunden und Familie getrennt. Aber es ist ein unfassbar schönes Leben, das ich gegen nichts auf der Welt eintauschen würde."

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