Maria Lassnig, Krebsangst, 1979

MARIA LASSNIG STIFTUNG

Kunst

Die Farben der Wahrnehmung. Maria Lassnig in der Albertina

Sie war die Grande Dame der österreichischen Malerei und malte nicht, was sie sah, sondern was sie spürte. In hunderten von Selbstporträts ging Maria Lassnig diesen Stimmungen und Wahrnehmungen auf den Grund. Am 8. September wäre die große Kärntner Malerin 100 Jahre alt geworden. Pünktlich zum Jubiläum zeigt die Albertina eine große Schau.

Morgenjournal | 05 09 2019

Christine Scheucher

Maria Lassnig, "Woman Power, 1979"

ALBERTINA, WIEN*

Maria Lassnig, "Woman Power, 1979"

Eine riesenhafte Nackte, die wie Godzilla in Manhattans Skyline auftaucht, ein gedrungener Körper in grellen Neonfarben, eine alte Frau mit hängenden Brüsten, die sich einen Revolver an die Schläfe hält und einen zweiten Revolver auf die Betrachterin richtet. In ihren so genannten Körperbewusstseinsbildern gab Maria Lassnig den inneren Empfindungen eine Form, übersetze Körperempfindungen und -wahrnehmungen in Farben.

Auf Maria Lassnigs Farbpalette gab es Krebsangstfarben, Schmerzfarben, Kältefarben. Meist sind es schonungslose Selbstbeobachtungen, die Lassnig auf die Leinwand bannt. Bis ins hohe Alter ruht ihr Blick auf dem eigenen Körper. Seinem Verfall. Seiner Verletzlichkeit.

Schonungslose Selbstbetrachtung

"In ihren Bildern widmet sich Maria Lassnig dem Alter und der Veränderung des Körpers im Alter. Im Leben wollte sie davon nichts wissen. Sie hat einmal gesagt 'Ich war nie jung und bin jetzt auch nicht alt'“, so Antonia Hoerschelmann, Kuratorin der Ausstellung "Maria Lassnig. Ways of Being". Neben Arbeiten aus hauseigenen Beständen, sind in der Albertina Leihgaben der Lassnig Stiftung und anderer Museen zu sehen.

Die Ausstellung zeigt, wie Maria Lassnig nach frühen Versuchen im Geiste der informellen Malerei in ihren Körperbewusstseinsbildern bald gänzlich eigenständige Wege beschreitet. "Mit dieser Körperbewusstseinsmalerei ist sie bahnbrechend. Es hat fast Jahrzehnte gedauert, bis man das erkannt hat, aber in dem Augenblick, in dem sie sich durchgesetzt hat, wurde sie eine der einflussreichsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts", sagt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder.

Selbstporträt, Lassnig

APA/AFP/ANP/KOEN VAN WEEL

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Eine der einflussreichsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts

Doch in einer von Männern dominierten Kunstwelt musste Lassnig als Pionierin weiblicher Selbstbestimmung lange auf die große Anerkennung warten. 1919 wird Lassnig im Kärntner Dorf Kappel geboren. In den 1960er und -70er Jahren lebt sie in Paris und New York.

Lassnig war bereits über 60 Jahre alt, als sie eine Professur an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien erhielt. 2013, kurz vor ihrem Tod, wurde sie bei der Biennale in Venedig mit dem Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Die damals 93-Jährige ist zu geschwächt, um den Preis persönlich entgegenzunehmen.

Selbstporträt mit Stab, 1971 und Maria Lassnig im Atelier Avenue B, New York

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Wenn man nicht zum Brotkorb dazukommt, nicht anerkannt wird, das ist in der frühen Zeit schrecklich. Später auch.

So resümierte Maria Lassnig in einen Ö1 Interview im Jahr 1996.

Die Ausstellung "Maria Lassnig. Ways of Being" vermittelt Einblicke in ein künstlerisches Werk, das seine Eigenständigkeit gegenüber den wechselnden Moden des Kunstbetriebs stets bewahrt hat.

Service

Die Ausstellung "Maria Lassnig - Ways of Being" ist in der Wiener Albertina von 6. September bis zum 1. Dezember 2019 zu sehen.

*Albertina, Wien | Sammlung Essl, Maria Lassnig Stiftung, Graphisches Atelier Neumann, Wien

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