Korakrit Arunanondchai, Ausstellungsansicht

SOPHIE THUN

Die Textur des globalen Exports

Korakrit Arunanondchai in der Secession

Er schafft farbenprächtige Malereien auf Jeansstoff und Videoessays, in denen er Elemente der asiatischen Unterhaltungskultur mit der Ästhetik einer globalisierten Popkultur mischt. Seit der thailändische Künstler Korakrit Arunanondchai 2014 in der angesagten MoMA-Dependance MoMA PS1 mit einer aufsehenerregenden Performance auf sich aufmerksam gemacht hat, ist er zum Shooting Star der zeitgenössischen Kunst aufgestiegen.

Kulturjournal | 12 09 2019

Christine Scheucher

Im Grafischen Kabinett der Wiener Secession ist jetzt die erste Einzelausstellung des Künstlers in Österreich zu sehen. Einige Arbeiten, die derzeit in Wien ausgestellt sind, sind in der ehemaligen Villa des phantastischen Realisten Ernst Fuchs in der Nähe von Monaco entstanden.

Getrocknete Wiesenblumen und Gräser, die die Wände zieren und zu einer floralen Tapete arrangiert sind, flankieren dieser Tage den Weg ins Grafische Kabinett der Secession. Es seien Ornament, so der thailändische Künstler Korakrit Arunanondchai, mit denen er auf die große Tradition des Hauses Bezug nehme. "Für diese Ausstellung bin ich in die Natur gegangen und habe organische Materialien gesucht: Wildblumen, die ich gepresst habe, um eine Art archaischen Schrein zu gestalten. Als ich die Secession zum ersten Mal betrat, fiel mir auf, dass florale Elemente zentral für den Jugendstil sind. Denken Sie etwa an die Kuppel dieses Gebäudes. Ich antworte in gewisser Weise auf diese Tradition."

Eine florale Tapete im Geiste der Art nouveau

Es ist eine Tradition, die der 33-Jährige, der in Thailand aufgewachsen ist, erst während seines Kunststudiums in New York kennengelernt hat. An der Verortung postkolonialer Identitäten im zeitgenössischen Kunstbetrieb arbeitet sich Korakrit Arunanondchai ab. Wie kann sich ein thailändischer Künstler, in einen vom Westen dominierten Kanon einschreiben? Wie soll und muss er sich dazu verhalten? Die Antwort auf diese gewichtige Frage nimmt in einem farbenprächtigen Bilderreigen, der westliche und asiatische Traditionen ineinanderfließen lässt, Gestalt an.

"Painting with history in a room filled with men with funny names" heißt der Videoessay, der derzeit in der Secession zu sehen ist. "Malerei mit Geschichte in einem Raum voller Männer mit lustigen Namen." Mit "lustigen Namen" meint Korakrit Arunanondchai Namen wie seinen eigenen. Namen also, die für Europäer schwer auszusprechen sind. "Meine ersten Arbeiten basieren auf der Erfahrung der Fremdheit. Sie rotieren um eine zentrale Frage: Wie kann und muss ich mich als nicht-weißer Maler im Kunstbetrieb verhalten?"

Männer mit lustigen Namen

In seinem Videoessay "Painting with history in a room filled with men with funny names" tritt Korakrit Arunanondchai selbst als zentraler Akteur auf. In New York, wo er studiert hat, unterhält der Künstler rege Kontakte zur Musikszene. Mit blond gefärbten Haaren, in Jeansoutfits gehüllt, sieht er selbst aus wie ein Popstar aus einem Musikvideo. Denim, also Jeansstoff, ist ein zentrales Material im Werk des Künstlers. Er trägt es nicht nur bei seinen Performances, sondern verwendet es auch als Leinwand und Hintergrund seiner Installationen. Einst ein Luxusprodukt wurde Denim in den 1970er Jahren in Thailand erschwinglich. In Korakrit Arunanondchai Bildsprache ist Jeansstoff ein pars pro toto für den globalen Export der US-amerikanischen Massenkultur.

Auf den Spuren von Ernst Fuchs

Neben seinem Videoessay zeigt Korakrit Arunanondchai in der Secession Bilder, die diesen Sommer entstanden sind. Zwei Monate verbrachte er als Artist in Residence im Hinterland Monacos in der einstigen Villa des phantastischen Realisten Ernst Fuchs. Fuchs` surrealistisch anmutendes Bilduniversum, das er erst in Frankreich kennengelernt hat, habe ihn fasziniert, so der Künstler.

"Die Künstler und Künstlerinnen, die wir hierher einladen, müssen sich nicht mit dem Werk von Ernst Fuchs auseinandersetzen, aber wenn sich jemand für die Geschichte dieser Villa interessiert, stellen wir unseren Gästen gerne Recherchematerialien zur Verfügung", sagt Maria-Theresia Pongracz. Seit zwei Jahren organisiert die Kunstberaterin in der einstigen Villa von Ernst Fuchs ein Residency-Programm und lädt Künstler ein, das weitläufige Anwesen, in dem Ernst Fuchs bevorzugt gemalt hat, neu zu beleben.

Im Landhaus Castel Caramel

"Ernst Fuchs hat seit 1987 in Monaco gelebt und hatte dort auch sein Atelier", sagt Maria-Theresia Pongracz. Castel Caramel, so der klingende Name dieser Villa, war sein Landhaus. Hier sind vor allem die großformatigen Arbeiten entstanden, weil die Räume hoch und großzügig sind. Herzstück des Gebäudes ist das einstige Atelier des Malers: ein lichtdurchfluteter Raum, in dem heute zumindest in den Sommermonaten die Künstler und Künstlerinnen des Residency-Programms arbeiten.

"Ich habe im Castel Caramel meine Ausstellung für die Secession vorbereitet. Es war eine besondere Erfahrung, ich würde fast sagen, eine romantische Erfahrung", so der thailändische Künstler Korakrit Arunanondchai, dessen Arbeiten derzeit in der Secession zu sehen sind. In einer Ausstellung, die einen Hauch südfranzösischen Flair versprüht. Denn einige Blumen, die Ranken an den Wänden der Secession bilden, hat der Künstler während seines Aufenthalts in der Fuchs-Villa gesammelt.

Service

Secession - Korakrit Arunanondchai, noch bis 10. November 2019

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