epo-film, Petro Domenigg, Thimfilm
Nobadi
Markovics-Drama im Schrebergarten
Für sein Regie-Debüt "Atmen" erhielt Schauspieler Karl Markovics zahlreiche Preise, jetzt kommt - nach der Premiere beim Filmfestival in Toronto - Markovics dritter Film "Nobadi" in die heimischen Kinos. In dem kammerspielartigen Drama treffen ein österreichischer Pensionist mit dunkler Vergangenheit und ein junger afghanischer Flüchtling aufeinander.
25. Oktober 2019, 02:00
Morgenjournal | 24 09 2019
Wolfgang Popp
Sie scheinen wie ein Gegensatzpaar: Der alte Witwer, der ein Leben, das sich nicht mehr umschreiben lässt, hinter sich hat und der junge afghanische Flüchtling, der eine Zukunft, die noch geschrieben werden muss, vor sich hat.
Anhänger einer unbestimmten Ideologie
Als er sich ans Drehbuch gesetzt hat, erzählt Karl Markovics, sei die Figur dieses Österreichers mit Altlasten zuerst dagewesen: "Der weiß selber gar nicht, was er ist. Der hat einen Anteil gehabt an den Nazi-Verbrechen, aber ich würde ihn jetzt nicht per se als Nazi bezeichnen. Er ist auch so ein Anhänger einer unbestimmten Ideologie, der in seinem Leben selten das richtige getan hat."
Kulturjournal | 24 09 2019
Karl Markovics im Gespräch über den Auslöser für die Geschichte, Enge und über die Schlüsselszene
Wolfgang Popp
epo-film, Petro Domenigg, Thimfilm
Die selbst gewählte Enge
In dieser Stimmungslage lernt er den jungen afghanischen Flüchtling Adib kennen. Um genau zu sein, stellt der cholerische Menschenfeind den jungen Mann an. Für einen Hungerlohn soll er im Schrebergarten des Alten ein Grab für dessen verstorbenen Hund ausheben.
Eine Annäherung erfolgt erst, als der hagere Pensionist Adib fiebernd und unter einer entzündeten Wunde leidend, neuerlich aufgabelt und zu sich holt. In die Enge seines Schrebergartenhäuschens. "Diese Beschränkung auf etwas", sagt Karl Markovics, "wo man das Gefühl hat, man kommt hier nicht raus, aber man richtet es sich hier so ein, und versucht gar nicht, über den Tellerrand hinauszuschauen, nein, man redet sich ein, im Gegenteil, man will es so eng, es interessiert mich alles andere gar nicht, und für all das hat dieses Milieu dieser Schrebergartensiedlung natürlich ein sehr schönes Setting hergegeben."
Symbolische Wunden, echtes Blut
Die Geschichte, erzählt Karl Markovics, hätte sich von allein zur Parabel entwickelt, dementsprechend zahlreich sind die Symbole, die den Verlauf dieses Dramas abstecken. Vom engen Heim über die ausgegrabene Wurzel im Garten bis zur schwelenden Wunde am Bein. Weil die immer schlimmer wird, Adib aber, da er keinen Pass besitzt, nicht ins Spital will, ist der Alte gezwungen, sein Sanitäterwissen aus dem Krieg auszugraben.
In der Schlüsselszene des Films, so viel sei verraten, klafft das Fleisch und fließt das Blut, während der vom Narkosemittel in einen tranceartigen Zustand versetzte Adib in seiner Muttersprache sein Leben erzählt. Eine fordernde Szene für den Zuschauer gibt Karl Markovics zu: "Der Zuschauer steht jetzt vor der Entscheidung: Um diese untertitelte Geschichte verstehen zu können, muss ich hinschauen, bin dadurch aber mit diesen schlimmen Bildern konfrontiert, oder ich sage, nein, dadurch entgeht mir aber dann auch die Geschichte dieses Menschen."
Richtung Zukunft durch die Nacht
Karl Markovics' Drama "Nobadi" ist radikal, weil es den Raum nicht nur für seine Figuren, sondern auch für den Zuschauer eng macht. Und es ist konsequent, weil es nicht mit dem Gutmenschenzeigefinger den leichten Weg aus der Enge zeigt. Hoffnung blitzt aber dennoch auf: Die Schrebergartensiedlung heißt nämlich "Zukunft".
Gestaltung
- Wolfgang Popp