Pigna in der Balagne hoch über dem Meer

ORF/URSULA BURKERT

Ambiente

Im Garten Korsikas

Korsische Kultur in Pigna und Corbara - zwei Dörfer in der Balagne

Die Macchia (korsisch Machja) in der Balagne ist dafür verantwortlich, dass Napoleon behauptet haben soll, er könne seine Heimatinsel an ihrem Duft erkennen. Tatsache ist, dass der Honig "Miel de Corse - fleurs du maquis" aus dieser blütenreichen, aber dornigen Gebüschformation zu den besten der Welt gehört. In früheren Zeiten bot die Macchia im hügeligen Hinterland Verstecke für jene Kors/innen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren. Und Konflikte gab es im Lauf der Jahrhunderte auf Korsika stets viele, meist ging es um die korsische Unabhängigkeit.

Steinhaus für eine Gitarre

Besonders in den 1960er Jahren machten die unterschiedlichsten Autonomiebewegungen mit Bombenanschlägen auf sich aufmerksam. In dieser Zeit waren ohnehin schon viele Ortschaften der Balagne von Landflucht betroffen. Die Landwirtschaft war nicht mehr rentabel, die jungen Kors/innen zogen auf das Festland, die Dörfer waren verlassen und dem Verfall preisgegeben. Dagegen versuchten damals einige Beherzte aus dem Kulturbereich anzukämpfen.

In Pigna zum Beispiel - einem malerisch gelegenen Ort mit verwinkelten, gepflasterten Gassen und Steinhäusern - ließ sich der Maler Toni Casalonga nieder. Für den Preis einer Gitarre, so erzählt er, kaufte er als Student ein altes, halb verfallenes Steinhaus und renovierte es. Mit seinen Künstlerfreunden gründete er die Corsicada, eine Bewegung, die sich darum bemühte, das korsische Kunsthandwerk vor dem Aussterben zu bewahren.

Tatsächlich siedelten sich in Pigna unterschiedliche Kunsthandwerker/innen an, wie die Familie von Cyril Cilicini. Sie eröffnete in den 1970er Jahren in einer ehemaligen Ölpresse ihre Töpferei. "Damals", erinnert sich Cilicini, "war es noch verboten, in der Volksschule Korsisch zu sprechen". Gewisse Ressentiments sind nach wie vor spürbar: Nicht selten sind auf zweisprachigen Ortstafeln die französischen Namen übermalt.

Ein außerordentliches Privatmuseum

Die Kors/innen halten an ihren Traditionen fest, besonders an ihrer Musik. Pigna entwickelte sich diesbezüglich zu einem Zentrum. Die berühmten polyfonen Gesänge, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören, werden mehrmals in der Woche im Auditorium der Casa Musicale unter der Leitung von Toni Casalongas Sohn Jérôme zur Aufführung gebracht. Diese korsische Identität ist auch im kleinen Museum Histoire de la Corse et de l’art ancien von Guy Savelli spürbar. In der Gemeinde Corbara hat der Bäcker, Musiker und Sammler sein Haus in ein außerordentliches Privatmuseum mit unzähligen Musikinstrumenten, Grammofonen, Ölgemälden und Dokumenten umgestaltet.

Trotz seines fortgeschrittenen Alters lässt es sich Guy Savelli nicht nehmen, persönlich durch seine Sammlung zu führen. Dabei kommt er natürlich auf Pasquale Paoli zu sprechen, dem es gelang, schon im 18. Jahrhundert die Eigenstaatlichkeit von Korsika durchzusetzen. Allerdings nur für knapp 15 Jahre. In dieser Zeit wurde eine Zeitung gedruckt, in Corte eine unabhängige Universität eröffnet und sogar eigene Münzen geprägt. Einige wenige sind erhalten geblieben und nun in Savellis Privatmuseum zu sehen.

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