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Michael Heltau 1968 als "Schüler Gerber"
Anlässlich des 40. Todestages von Friedrich Torberg erscheint in der Edition Ö1 eine 1968 produzierte Hörspielfassung des "Schüler Gerber" mit Michael Heltau in der Titelrolle. Weitere Mitwirkende sind Gert Westphal, Elisabeth Gassner, Wolfgang Weiser u.a.
24. Februar 2020, 17:47
Burgtheater-Doyen Michael Heltau bekam im Jahr 1968 Post von einem begeisterten Radiohörer: "So gut hat mir der 'Schüler Gerber' seit 38 Jahren nicht mehr gefallen!" Besagter Hörer musste das Ersterscheinungsdatum des Romans nicht lange nachrechnen.
Es war der Autor selbst, der große Romancier und Moralist Friedrich Torberg, der dem Schauspieler zu seiner Titelpartie als unglücklicher Gymnasiast Kurt Gerber in der Geschichte über schwarze Pädagogik, Drill und Schülerselbstmord gratulierte. Gerade war die dramatisierte Erstfassung des Romans über den Äther gegangen.
"So gut hat mir der 'Schüler Gerber' seit 38 Jahren nicht mehr gefallen!"
Torberg an Heltau
Als der gerade 20-jährige Torberg sein 1930 veröffentlichtes Erstlingswerk schrieb, saß ihm die eigene Schulzeit noch höchst präsent im Nacken - der Sohn aus einer gutbürgerlichen jüdischen Familie war einige Jahre zuvor mit dieser von Wien nach Prag übersiedelt, wo das Schulsystem im Gegensatz zu dem in Wien noch aus der untergegangenen Monarchie stammte. Torberg fiel beim ersten Antritt durch.
Hochintelligent, aber faul
Aber nicht nur die Angst vor der Reifeprüfung seines hochintelligenten, aber faulen Alter Egos Kurt Gerber, auch der verhasste Mathematikprofessor "Gott" Kupfer und die Liebe zur Mitschülerin Lisa dürften autobiografische Züge getragen haben. Kritiker wie Kurt Tucholsky und Robert Musil lobten den Roman 1930 für seine Unmittelbarkeit, in der er den Schulalltag und seine Dynamiken beschrieb. "Das ist ein lebendiges Buch", urteilte Tucholsky - und der autoritäre Mathematiklehrer sei "ein echtes Sinnbild". Torberg habe die alte Schule mit ihrer fragwürdigen Pädagogik ernst genommen. Genau das müsse man tun, um ihre Abschaffung zu erreichen.
"Was wird aus dem einmal werden?" Tucholsky über den jungen Autor
Gerade in dem Punkt empfand sich der Autor aber als gescheitert: "Der Schüler Gerber" sollte zwar sein wirtschaftlich erfolgreichstes Buch bleiben und sich bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten 1933 50.000 Mal verkaufen. Doch die erhoffte Veränderung an den Schulen habe er nicht bewirken können, meinte Torberg.
ORF-CD 816
4 CDs & Download
Spieldauer: 311 Min.
Erscheinungstermin: November 2019
Flucht, Exil, Rückkehr nach Wien
"Was wird aus dem einmal werden?", fragte Tucholsky anerkennend über den blutjungen Schreiber 1930. Er sollte nach Jahren der Flucht und Exilkarriere in der Schweiz, Frankreich und den USA 1951 nach Wien zurückkehren und dort dem jüdischen Bürgertum mit späten Erzählbänden wie der "Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten" ein Denkmal setzen. Da lag sein Roman über die unglücklichen Schülertage längst wieder in den Klassenzimmern und blieb dort bis heute.
Mitwirkende
Gert Westphal (Erzähler), Michael Heltau (Schüler Gerber), Elisabeth Gassner (Lisa), Peter Pikl (Hobbelmann), Sepp Scheepers (Prof. Borchert), Michael Abendroth (Blank), Stefan Matousch (Schleich), Wolfgang Weiser (Prof. Kupfer), Uwe Bremer (Lewy), Fritz Bischof (Prof. Prochaska), Raimund Kuchar (Prof. Seelig), Gert Frosch (Kaulich), Jörg Hube (Benda), Gert Laubscher (Severin), Robert Tessen (Prof. Matusch), Gerhard Balluch (Prof. Filip), Isolde Stiegler (Mutter), Hermann Schober (Vater), Gunvor Raffelsberger (Ditta), Richard Tomaselli (Prof. Hussak), Paul Horn (Doktor Kron), Günther Verdin (Weinberg), Wolfgang Uhl (Zasche), Walter Svarovsky (Bob Urban), Wolfram Besch (Paul Weismann), Hans Georg Egger (Mertens), Peter Jost (Inspektor), Rosemarie Schrammel (Lizzi), Peter Pechlaner (Lengsfeld), Hermann Dellacher (Schönthal), Franz Wettig (Prof. Ruprecht), Rose Erburg (seine Frau), Gertrud Friemel (Dirne), Harald Harth (Nachrichtensprecher)