Ray Romano, Al Pacino und Robert De Niro

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Film

Scorseses neues Mafia-Epos "The Irishman"

Mit Filmen wie "Good Fellas", "Casino" und "The Departed" hat sich US-Regisseur Martin Scorsese längst als Mafia-Kenner in die Filmgeschichte eingeschrieben. Auch sein neuer Film "The Irishman" kehrt in dieses Milieu zurück. Im Zentrum stehen die Verbindungen der Mafia zum bekannten US-Gewerkschaftsführer Jimmy Hoffa, der 1975 spurlos verschwand und bis heute ein nicht geklärter Fall der amerikanischen Kriminalgeschichte ist. Mit digital zum Teil verjüngten Schauspielern wie Robert de Niro, Al Pacino und Joe Pesci in den Hauptrollen ist "The Irishman" hochgradig besetzt.

Morgenjournal | 12 11 2019

Arnold Schnötzinger

Wenn es um heikle Themen geht entwickelt die Mafia sprachliche Kreativität: Mit "To Paint a House" sind nicht etwa handwerkliche Tätigkeiten gemeint, sondern es spritzt Blut auf Wände, wenn jemand erschossen wird. Und ein "Carpenter", ein Zimmermann, war Frank Sheeran (Robert de Niro) auch nicht, sondern er ließ unter diesem Begriff Leichen verschwinden. Sheeran war bei der US-Ostküsten-Mafia der Mann fürs Grobe, ein Beseitiger, wann immer es sein Boss und väterlicher Freund Russell Bufalino (Joe Pesci) wollte.

Zwielichtige Verbindungen zur Politik

Das Leben von Frank "The Irishman" Sheeran ist für Martin Scorsese der Wegweiser hinter die Kulissen des organisierten Verbrechens von den 1940er Jahren bis in die 2000er, hinter widersprüchliche Moralkodizes, hinter zwielichtige Verbindungen zur Politik, die Mafia etwa als Wahlkampfsponsor von John F. Kennedy, ebenso fragwürdig: die Allianz zwischen dem mächtigen Gewerkschaftsführer Jimmy Hoffa (Al Pacino) und dem Mob.

Egomane Jimmy Hoffa

Doch nicht die Mafia als Organisation steht im Fokus, "sondern die Persönlichkeiten ihrer Mitglieder", wie Regisseur Scorsese meint. Die Handlung ergibt sich konsequenterweise aus den Figuren, ihren Nöten, Motivationen und Charaktereigenschaften: Bufalino, der stets beherrschte, aber eigentlich mächtige Strippenzieher im Hintergrund nach dem Motto "Mein Wille geschehe", der korrupte Egomane Jimmy Hoffa und Frank Sheeran, skrupelloser Killer, aber mit dem Potenzial der Rechtschaffenheit und in einem argen Loyalitätskonflikt: Er ist Bufalino genauso verbunden wie Hoffa.

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The Irishman, ab 27. November auf Netflix.

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Anzugfarben und Krawattenbreiten

Niemand verbreitet den Geruch der Mafia so intensiv im Kino wie Martin Scorsese, niemand trifft den Atem der Epochen so präzise. Das beginnt bei der Auswahl von Automobilen über Anzugfarben und Krawattenbreiten bis hin zum Soundtrack. Am Ende sitzt Sheeran im Altersheim im Rollstuhl. Die Tür soll ein Priester einen Spalt offen lassen, vom Geschehen draußen am Gang sieht man nur einen kleinen Ausschnitt. So spitzt Scorsese Sheerans Rolle - Täter und Opfer zugleich - noch einmal zu: ein Werkzeug der Mafia, dem im Spiel der Macht der Blick aufs Große und Ganze verwehrt blieb.

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger