Otto Schenk und Alexander Absenger

ASTRID KNIE

Theater in der Josefstadt

Otto Schenk im "Kirschgarten"

Der Schauspieler und Josefstadt-Doyen Otto Schenk steht kurz vor seinem 90. Geburtstag wieder auf der Bühne. In Tschechows Drama "Der Kirschgarten", das heute Abend im Theater in der Josefstadt Premiere hat, spielt er den alten Diener Firs. Mit Sona MacDonald oder Raphael von Bargen im Ensemble gibt die deutsche Regisseurin Amelie Niermeyer damit ihr Hausdebüt.

Kulturjournal | 05 12 2019 | Regisseurin Amelie Niermeyer im Gespräch

Katharina Menhofer

Sie hat erst im September im Theater an der Wien Dvoraks Oper "Rusalka" inszeniert. Und auch hier - in Tschechows letztem Drama, der tragischen Komödie, die Menschen in Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs zeigt - setzt Niermeyer auf den Einsatz von Live-Musik. Der amerikanische Singer-Song-Writer Ian Fisher hat sie eigens für die Josefstadt komponiert.

Morgenjournal | 05 12 2019

Katharina Menhofer

Rückkehr in Wehmut und Feierlaune

Die Zeiten werden sich ändern. Sinnbild dafür ist der alte große Kirschgarten, der das russische Landgut der Ljubow Ranjewskaja (Sona MacDonald) umgibt. Die Gutsherrin kommt nach einem Aufenthalt in Paris mittellos und hochverschuldet, mit ihrer gesamten Entourage zurück - voll Wehmut, Erinnerungen, aber doch in Feierlaune. Die drohende Zwangsversteigerung des Gutes verleugnet sie so gut es geht. Und den Vorschlägen von Lopachin (Raphael von Bargen), auf dem Kirschgarten Ferienwohnungen bauen zu lassen, hört sie mit Befremden zu.

Sona MacDonald

ASTRID KNIE

"Wir müssen uns verändern, nur so können wir die Welt retten"
Ein Student

Am Ende kauft Lopachin selbst den Garten. Ein Triumph für den reich gewordenen Sohn des ehemaligen Leibeigenen - und das Ende der Kirschbäume. Davor aber lässt Tschechow die Gesellschaft noch einmal feiern, essen, lieben und streiten und ihre jeweiligen Weltanschauungen aufeinanderprallen.

Kräfte ziehen und zerren

Einerseits die Gruppe, die die Welt erneuern will durch wirtschaftlichen Wachstum, und glaubt damit kann man alles erreichen, dann die Gruppe rund um den Studenten, die sagt, wir müssen uns und etwas verändern in der Welt, nur so können wir sie retten, und die dritte Gruppe, um Ljubow und Gajew, die sagt, es ist gut wie es ist, warum müssen wir uns einschränken, Hauptsache wir behalten unseren Wohlstand und die einfach die Realität überhaupt nicht wahrnehmen.

Zu dieser Gruppe gehört der alte in seiner Zeit stehen gebliebene Diener Firs, den Otto Schenk spielt. Warum er sich das kurz vor seinem 90. Geburtstag antut? "Ja, weil ich verführt worden bin vom Föttinger, der gesagt hat, ich brauch dich, du sollst noch einmal auf der Bühne stehen. Da war ich war gerührt und bin seinem Wunsch nachgekommen."

"Hineingeworfen im einen schwirrenden Haufen Hochbegabter"
Otto Schenk

In der bunten Inszenierung von Amelie Niermeyer, die etwa die Rolle der Charlotta als Transsexuellen aufgewertet hat und ein paar Szenen aus Platonow hineinmischt, fühlt sich Otto Schenk gut aufgehoben: "Ich bin sehr angetan, hineingeworfen in einen schwirrenden Haufen von hochbegabten Schauspielern. Und ich beobachte ein neues Ensemble."

Dass er dabei wie das gesamte Ensemble zwei Stunden lang ununterbrochen auf der Bühne steht, geherzt und gebusselt, beschimpft und belächelt wird und sich am Ende sogar hinlegt, ist eine körperliche Herausforderung. "Auf der Bühne hat man eine Kiste Privatadrenalin. Man geht besser, man redet besser, man sieht besser, es ist ja die Bühne sehr dunkel.

Leise Tragik und bunte Komik

Die leise Tragik und bunte Komik, die im Stück ganz eng beisammen liegen, unterstreicht Regisseurin Niermeyer mit dem Einsatz der Musik des amerikanischen Singer-Song-Writers Ian Fisher, der seine Nummern eigens für den "Kirschgarten" komponiert hat und live auf der Bühne einspielt.

Diesen "Kirschgarten", das legen schon die Proben nahe, sollte man, bevor er abgeholzt wird, noch einmal besuchen.

Gestaltung