Junger Demonstrant

APA/AFP/PIERRE-PHILIPPE MARCOU

Diagonal

Generation X, Y, Z - Die Etiketten der Jugend

In einer Zeit, in der postadoleszente Lebensstile bis weit jenseits der 30 kultiviert werden und 50-jährige Männer und Frauen mit Baseballkappe und Turnschuhen jugendliche Lässigkeit simulieren, erscheint es beinahe unvorstellbar, dass das Wort "Jugend" im deutschen Sprachgebrauch erst im ausgehenden 19. Jahrhundert populär wird. Für die Sendung „Diagonal. Über die Erfindung der Jugend“ hat sich Thomas Edlinger Gedanken über Generationenbefindlichkeiten einst und heute gemacht.

Talking bout my generation! Mittlerweile darf ich für mich in Anspruch nehmen, als Made im Speck rechtschaffen gehasst zu werden. "Ok Boomer" schallt es aus den sozialen Echoräumen. Die besserwisserischen, sattgefressenen Babyboomer, vor allem die in der Luxusausführung weiß, heterosexuell und männlich, haben genug angerichtet auf diesem Planeten. "How dare you", empört sich Greta, und sie meint damit nicht nur die echten Babyboomer, die Trumps dieser Welt, sondern auch die irgendwie Nachgeborenen. Wie mich.

Obwohl: Eigentlich tauge ich ja nur als OK Postboomer-Feindbild. Gleichzeitig ist jemand mit dem Geburtsjahr 1967 auch viel zu jung für die Hippies, die ja alterstechnisch dem ersten Schub der Generation Babyboomer entsprechen, aber in ihrem Willen zum alternativen Leben durchaus als Wegbereiter heutiger Friday-For-Future- Aktivistinnen gelten könnten. Es ist kompliziert.

Born too late, born too early…

Sie kennen sich nicht mehr recht aus? Ich auch nicht. Fest steht: meine Generation war irgendwie dazwischen und daneben, born too late, born to early wie eh die meisten. Gut, in den 1980ern gab es dann New Wave und Falcofrisuren und Schulterpolstersakkos, aber irgendwas ist in Sachen Pop und Mode ja immer.

Politisch gab es nicht viel, was die Alterskohorte miteinander verband: vielleicht Hainburg, die Friedensbewegung, das Waldsterben und die Waldheimaffäre. Das war aber für die meisten in meiner, sagen wir es zeitgenössisch, Filterblase, damals gar nicht sooo wichtig.

Auch Wickie, Slime und Paiper war nicht so wichtig, obwohl das später der ersten Generation mit Kabel-TV-Farbfernsehen in Österreich als stilprägend angedichtet wurde. Und der Epochenbruch des Mauerfalls? Lange her und fraglos tatsächlich wichtig -aber prägend für mich: eher nein.

Sagen wir es fast auf Soziologendeutsch: Das Ausbleiben kollektiv verbindlicher Erfahrungen ist die neue Erfahrung in unseren Nachkriegsgesellschaften, die den Individualismus ausgebaut haben. Stichwort Generation Me, gebräuchlich seit den 1970er Jahren.

Aber was verbindet dein Ich mit meinem Ich?

Generationenbefindlichkeit einst und heute

"Ich glaube, ich könnte die Stimme meiner Generation sein, oder zumindest die Stimme einer Generation", sagt die Schauspielerin und Autorin Lena Dunham in einem Ausschnitt aus der Fernsehserie "Girls von 2012. Dunham, Jahrgang 1986, ist schon ein Kind der Zeit, in der die Ratlosigkeit der Generationsbezeichnungen herrscht.

Sie beginnt mit der Generation X, wie Douglas Coupland jene weißen US-amerikanischen Milieus 1991bezeichnete, in denen es erstmals die Kinder schlechter hatten als die Eltern.

Der Spuk des Yuppietums für alle war vorbei, langsam setzte sich eine andere Wahrheit durch - das Leben als Projekt und ohne Sicherheitsnetz, die McJobs, wie es in den USA, das Prekarität, wie es in Europa hieß.

Auf das X, das ein Platzhalter für das Unbestimmte ist, folgte die Generationen Y. Sprich: die Millenials, also die grob ab 1980 geborenen Kinder einer neoliberalen Weltordnung. Sie werden oft zur hypernarzisstischen und zugleich hypersensiblen Stichwort Generation Schneeflocke gezählt, der ohne Trigger Warning vor dem bösen Wolf keine Seite von Rotkäppchen mehr zuzumuten ist.

Der Schriftsteller Leif Randt zeichnet in seinem neuen Roman "Allegro Pastell" ein differenzierteres Bild. Seine Millenials sind zugleich achtsam und ich-zentriert, kommunikativ und selbstreflektiv, empathisch und unverbindlich. "Die Zeit" hält den Roman sogar für einen Meilenstein, an dem kein deutschsprachiger Roman mehr vorbeikommen wird, der sich zum Lebensgefühl der Millenials äußern will. Aber auch Millenial werden schon bald 30, oder gar 40 sprich eine Generation fehlt uns noch: die Generation Z, die zwischen 1995 und 2010 Geborenen.

"Ja, da gibt es die Gretas, aber die zählen nicht wirklich. Denn die Generation Z ist komplett handysüchtig, pornosüchtig und likesüchtig. Ansonsten interessiert sie sich für hirntoten Gangsterrap und Schminktipps von Influencern und feiert sich am liebsten selbst. Die Generation Z ist also, wie der Name schon sagt, das Letzte. Sie nervt, bis sie Kinder kriegen wird, die das Allerletzte sein werden."

Text: Thomas Edlinger