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Matrix
Nachhaltige Mode durch digitale Werkzeuge
An der Modebranche ist die Digitalisierung - sieht man von digitalen Vertriebswegen einmal ab - noch weitgehend spurlos vorbeigegangen. Eine zielgerichtete, digitalisierte Mode-Produktion könnte dies ändern.
19. April 2020, 02:00
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matrix 20 03 2020 | 19:05 Uhr
Gängige Kleidung wird massenhaft produziert und unter teils menschenverachtenden Bedingungen in Asien zusammengenäht.
Dieser Ansatz ist nicht besonders ökologisch: Rund ein Drittel der Produktion gelangt gar nicht in den Verkauf, sondern wird vernichtet, was umso schlimmer ist, als etwa Baumwolle beim Anbau sehr viele Ressourcen wie Unmengen an Wasser verschlingt.
Eine zielgerichtete, digitalisierte Mode-Produktion könnte dies ändern. Ideen dafür hat etwa die kalifornische Designerin und Physikerin Kitty Yeung.
Meine Mode ist von Wissenschaft und Technologie inspiriert. Ich transferiere zum Beispiel meine Bilder des Universums oder von Planeten auf Stoffe.
Wenn sich Kitty Yeung um ihre Achse dreht, dann beginnen auf ihrem Kleid die Ringe um den Saturn dezent zu glitzern und zu leuchten. Und so wie man Mode mit technologischen Werkzeugen anreichern könnte, so könnte man nach Meinung der Physikerin und Designerin auch den Prozess der Kleiderhersteller modernisieren.
30 Prozent aller produzierten Mode wird gar nie verkauft, sondern verramscht, verbrannt oder irgendwo deponiert.
Und so meinte die FAZ erst kürzlich: Das Weltklima hat ein Textilproblem. So verursacht die Textilindustrie mehr CO2 als Schifffahrt und Fliegen zusammen.
Bis zum Jahr 2050 soll sich der Ressourcenverbrauch für Kleidung im Vergleich zum Jahr 2000 sogar verdreifachen. Das haben Wissenschaftlerinnen für das Journal "Nature Climate Change" berechnet. Demnach werden 40 Prozent aller Klamotten auch gar nie getragen.
Einer der Gründe für die Überproduktion sind die langen Vorlaufzeiten und darüber hinaus die Produktion auf Verdacht. Allein der Transport aus dem Fernen Osten in die europäischen Märkte dauert im Container schon mindestens einen Monat, wie der Textilforscher Christian Kaiser von der Hochschule Albstadt-Sigmaringen in Baden Württemberg sagt.
60 Prozent unserer Kleidung landen nach einem Jahr im Müll.
Die großen Modelabels bringen alle paar Wochen neue Kollektionen auf den Markt. Allein die Entwicklung der Prototypen, das Sampling, verschlingt Unmengen an Ressourcen.
Und selbst wenn die Kleider auf den Markt kommen: je nach Berechnung sehen 30-40 Prozent nie einen Käufer. Selbst wenn wir Kleidung tragen, landen 60 Prozent laut Nature Climate Change schon nach einem Jahr im Müll.
Machine Learning, 3D-Visualisierungstechniken oder Künstliche Intelligenz könnten uns bei der Modeproduktion helfen.
Der Textilforscher Christian Kaiser sieht in der Industrie 4.0, also die Vernetzung der Produktion, große Chancen. Sie könnte einen Teil der Textilindustrie wieder aus Bangladesch, Vietnam und China zurückholen. Weg von der Masse und hin zu mehr Individualisierung der Textilien - damit auch weniger Verschwendung, dass könnte sich nämlich auch in Europa rechnen.
Dabei könnte auch der 3D-Druck eine Option sein. Damit werden auch die Vorlaufzeiten kürzer, die letztendlich an der massenhaften Überproduktion von Textilien mit Schuld sind.
Auch in neuen Fasern steckt Potential. Vielfach, so Cloed Baumgartner, merken die Konsumentinnen gar nicht, wenn sie Hi-Tech-Material tragen, etwa weiche Holzfasern aus Lenzing.
Und für Kitty Yeung ist eines ganz klar: Wenn wir weniger wegwerfen wollen, müssen wir mit Hilfe von Machine Learning, KI und allen verfügbaren modernen Technologien für individuelle Menschen produzieren, nicht für Standardkörper, die es in der Realität oft gar nicht gibt: Wir müssen einfach die Mode machen, die sich Menschen wünschen.