ARCHIV DER SALZBURGER FESTSPIELE/PHOTO ELLINGER
Schätze aus dem ORF Archiv
100 Jahre Salzburger Festspiele
Legendäre O-Töne aus dem ORF-Archiv und historische Mitschnitte zur 100-jährigen Geschichte der Salzburger Festspiele sind auf dieser Jubiläums-CD der Edition Ö1 versammelt.
1. Juli 2020, 05:00
Von Max Reinhardts originaler "Rede über den Schauspieler" und Alexander Moissi als erstem Jedermann-Darsteller über die ältesten erhaltenen Musikaufnahmen - wie Mozarts "Requiem", unter der Leitung des Komponisten der Großen Festspielfanfare, Joseph Messner, aus dem Jahr 1931 - bis hin zu einer Fülle von Anekdoten und Erinnerungen rund um das Festival (unter anderem vom langjährigen Festspielchauffeur Paul Oberascher) und launigen Ausschnitten aus Festreden (wie jener von Carl Zuckmayer 1970) wird der dokumentarische Rahmen auch mittels Zeitzeug/innen gespannt. So werden aus einer historisch chronologischen Sichtweise vor allem die ersten fünf Jahrzehnte der Salzburger Festspiele lebendig.
Theater - der seligste Schlupfwinkel ...
Archiv der Salzburger Festspiele/Photo Ellinger
"Ich glaube an die Unsterblichkeit des Theaters. Es ist der seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich damit auf und davon gemacht haben, um bis an ihr Lebensende weiter zu spielen." Max Reinhardt
Welttheater wieder gehört
"Die Salzburger Festspiele sind so alt wie unser Jahrhundert, das heißt, wie das sogenannte 'Kurze 20. Jahrhundert', das mit dem Ersten Weltkrieg, dem Zusammenbruch der Zentralmächte und der russischen Revolution begann und heute wohl zu Ende ist, oder in ein anderes Jahrhundert übergeht." Mit diesen Worten stellte der britische Historiker Eric Hobsbawm im Rahmen der Salzburger Festspiel-Dialoge 1996 das Festival auf die große historische Bühne.
Österreichisch und europäisch, ein kurzes Jahrhundert alt, damit aber inzwischen auch schon Teil einer Kultur des digital beschleunigten 21. Jahrhunderts, seiner Kontinuitäten, Transformationen und Brüche: Wie tief die Salzburger Festspiele nicht nur in diese europäische Zeitskala eingeschrieben sind, sondern auch selbst Kulturgeschichte geschrieben haben, zeigt der Blick in das tönende Archiv ihrer ersten 50 Jahre.
Der Rundfunk war und ist die mediale Bühne für die Ausstrahlung und Archivierung dieses jährlich in Salzburg stattfindenden Welttheaters. Er ist aber auch, und das vermitteln die Stimmen, Szenen und Stationen der Zeitreise auf dieser CD, ein medialer Raum der künstlerischen, kulturpolitischen und gesellschaftlichen Positionsbestimmungen, der programmatischen Texte, Debatten und Diskurse, die diese Festspiele seit ihrem Beginn begleitet haben.
Alexander Moiss als Jedermann
Alexander Moissi als Jedermann, ca. 1931
Ein Erinnerungsraum, der dem kulturellen Gedächtnis einen Ort gibt, der intellektuelle Auseinandersetzung in Form einer Wiederbegegnung ermöglicht und so zu einem tieferen Verständnis künstlerischer Produktion in ihrem jeweiligen historischen Kontext beitragen kann. Ein Zeit-Raum, der auch zeigt, welche Ausstrahlung Werke, Interpretationen und einzelne Stimmen in diesem Welttheater gehabt haben, aus dem seine Protagonistinnen und Protagonisten bis heute zu uns sprechen, Zeugnis ablegen, akustische Seitenblicke wagen und ihre persönliche Geschichte erzählen.
Die Salzburger Festspiele, in den Gründungsgedanken als Ort der "hohen Feste" konzipiert und als Friedensprojekt intendiert, haben auch im Rundfunk eine ganz besondere Wirkung und Reichweite bis heute bewahrt. Die Szenen aus ihrer Geschichte bestätigen den Befund Eric Hobsbawms, dass sie nicht nur ein Spiegel der österreichischen Geschichte, sondern auch der europäischen Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts sind.
Tief verankert im medialen Gedächtnis vieler Generationen. Identitätsbildend in jedem Fall. Sie aus dem Archiv heraus zu vergegenwärtigen und so einen Blick auf die "Vergangenheit ihrer Zukunft" zu werfen, ist nicht nur unterhaltsame Erinnerungsarbeit des Wiederhörens, sondern auch ein intellektuelles Vergnügen, das im Bekannten Neues entdeckt.
Martin Bernhofer, Ö1 Programmchef
ORF-CD 820
CD & Download
Spieldauer: 75:00
Trackliste
1. Joseph Messner: Große Festspielfanfare op. 55/1 (Wiener Philharmoniker, Herbert von Karajan)
2. Helene Thiemig: Der Beginn der Salzburger Festspiele (gelesen von Paula Wessely)
3. "Jedermann!" - Rufe aus den ersten fünf Jahrzehnten
4. Max Reinhardt: Rede über den Schauspieler
5. Joseph Messner: Über die Fanfare
6. Josef Brettenthaler: Erinnerungen an den ersten "Jedermann"
7. Hugo von Hofmannsthal: "Jedermann" ("Nimm die Belehrung von mir an …", Alexander Moissi/Jedermann)
8. Hans Jaklitsch und Gisela Prossnitz: Die 1930er Jahre in Salzburg
9. Wolfgang Amadeus Mozart: Requiem in d-Moll KV 626 (Lacrimosa, Orchester des Dom-Musik-Vereins, Salzburger Domchor, Joseph Messner)
10. Johann Capek: Die RAVAG Salzburg
11. Johann Wolfgang von Goethe: "Faust" ("Wie kommt das schöne Kästchen hier herein?", Paula Wessely / Gretchen)
12. Wochenschau 1938 mit Anton Dermota
13. Wolfgang Amadeus Mozart: "Le Nozze di Figaro" (Ausschnitt aus der Arietta des Cherubino, Wr. Philharmoniker, Jarmila Novotna, Bruno Walter)
14. Die Sendergruppe Rot Weiß Rot
15. Josef Rehrl: Eröffnungsrede der Salzburger Festspiele 1948
16. Wolfgang Amadeus Mozart: Symphonie in C-Dur KV 73 (4. Satz, Camerata Academica des Mozarteums Salzburg, Bernhard Paumgartner)
17. Bernhard Paumgartner erzählt aus seinem Leben
18. Richard Strauss: "Der Rosenkavalier op. 59 (Ausschnitt aus der Walzerfolge, 2. Akt, Staatskapelle Berlin, Richard Strauss)
19. Karl Böhm: Salzburg, W. A. Mozart und R. Strauss
20. Wolfgang Amadeus Mozart: Symphonie in C-Dur KV 551, "Jupiter-Symphonie" (Ausschnitt aus dem 1. Satz, Wr. Philharmoniker, Karl Böhm)
21. Paul Oberascher: Als Chauffeur bei den Salzburger Festspielen
22. Stars über Salzburg und seine Festspiele
23. Johann Sebastian Bach: Goldberg-Variationen BWV 988 (Ausschnitt, Glenn Gould)
24. Fliegenkrieg in der Landesrundschau
25. György Ligeti: Apparitions für Orchester (Ausschnitt aus dem Agitato, RSO Wien, Reinhard Peters)
26. Carl Zuckmayer: Über die musische Bestimmung des Menschen
27. Max Reinhardt: Launige Ansprache an die Schauspieler und Freunde