Selbstporträt, Monte Carlo, 1993 - Ein Mann zielt mit Zeigefinger in die KAmera

Helmut Newton Foundation

Film

Helmut Newton - The Bad and the Beautiful

Der 2004 verstorbene Helmut Newton war einer der prägendsten und dabei oft umstrittenen Modefotografen des letzten Jahrhunderts. Seine "Big Nudes", die überlebensgroßen Porträts nackter Frauen, sind ikonisch in die Geschichte der Fotografie eingeschrieben. Heuer wäre Newton 100 Jahre alt geworden. Der renommierte Journalist und Filmemacher Gero von Boehm hat jetzt einen Dokumentarfilm über ihn realisiert.

Morgenjournal | 23 07 2020

Benno Feichter

Er sei ein professioneller Voyeur, sagt Helmut Newton über sich in "The Bad and the Beautiful". "Die Leute sagen immer zu mir: Du fotografierst keine Seele. Ich sage: Ich mag keine Seele fotografieren. Ich fotografiere einen Körper, ein Gesicht."

Frau im weißen Badeanzug im Schwimmbad steht vor einem Mann

Courtesy Helmut Newton Foundation

Carte Blanche den Frauen

In Newtons Bildern waren Männer meist nicht mehr als Requisite, und so lässt Regisseur Gero von Boehm in seinem Film ausschließlich Frauen zu Wort kommen. "Carte Blanche den Frauen, denn die müssen es wissen."

"Helmut buchte man für das, was wir im Magazin als 'Stopper' bezeichnen" - Anna Wintour, Chefredakteurin der "Vogue", schwärmt von Newtons Unverwechselbarkeit. Grace Jones, Hanna Schygulla oder Charlotte Rampling erinnern sich an gemeinsame Shootings.

"Du machst es nach meinen Bedingungen. Ich auch. Du fotografierst mich, aber ich entscheide wie ich mich zeige", sagt Charlotte Rampling im Film.

Nackte Frau liegt im Rachen eines Krokodils

Courtesy Helmut Newton Foundation

"Er hält der Gesellschaft einen Spiegel vor"
Nadja Auermann

Heute seien Newtons Arbeiten, abgedruckt in Modemagazinen oder auf Werbeplakaten, nicht mehr vorstellbar. Gero von Boehm: "Damals war hedonistische Zeit, alles war möglich. Das ist heute gar nicht mehr so. Ich finde es auch gefährlich, ich habe immer Angst vor einer Zäsur der Spießer, vor einem Geschmacksdiktat, wenn oft auch zu viele Rücksichten genommen werde. Es muss Freiheit der Kunst bleiben."

Hände einer Frau teilen ein gegrätschtes, gegrilltes Hühnchen

Courtesy Helmut Newton Foundation

Hühnchen, "Vogue", 1994

Newton hat in seiner Arbeit durch Überinszenierung die Inszenierung des weiblichen Körpers in der damaligen Gesellschaft reflektiert. "Ich finde, ich sehe aus wie so eine Barbie-Puppe", beschreibt Nadja Auermann ein 1994 entstandenes Bild. Man könne das sexistisch interpretieren, so das Model, aber Newton halte der Gesellschaft einen Spiegel vor.

Gero von Boehm hat bereits 2002 eine Dokumentation über Newton gedreht. Material von damals fließt auch jetzt in den Film ein - der für ihn auch die Annäherung an einen Freund gewesen sei. "Aber mir war nicht klar, wie sehr ihn die Weimarer Zeit und Nationalsozialismus geprägt hat", sagt der Regisseur.

Annäherung an einen Freund

Der jüdische Fotograf Newton habe Frauen fotografiert, wie Leni Riefenstahl Männer inszeniert hat, sagt Isabella Rossellini im Film. Wieder rückt die Inszenierung in den Fokus, zuerst von Körpern, aber dann auch die der jeweiligen Persönlichkeit, wie eines der selteneren Männerporträts Newtons zeigt: Den rechtsextremen Politiker Jean Marie Le Pen lichtete er mit seinen Hunden ab. Das Arrangement erinnert unweigerlich an Adolf Hitler mit Schäferhund.

"The Bad and the Beautiful" ist eine faszinierende Hommage an den Künstler, aber auch den Menschen hinter der Kamera: Helmut Newton, der durch seine Linse die Welt davor erzählt, aber auch auf Distanz gehalten hat.

"In schwierigen Situationen, wenn ich deprimiert oder bedrückt bin, hilft mir Kamera." Helmut Newton

Gestaltung