DSCHUNGELWIEN
Theater
„Verboten wäre - ein Elternabend“ im Wiener Dschungel
Im Wiener Theaterhaus Dschungel läuft aktuell das Stück „Verboten wäre – ein Elternabend“. Anders als sonst im Dschungel richtet es sich nicht an Kinder oder Jugendliche, sondern Erwachsene.
6. November 2020, 02:00
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Kulturjournal | 06 10 2020
Es ist also nicht nur inhaltlich ein „Elternabend“. Der Text stammt von der Autorin Lilly Axster, ihre Bücher wurden vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis. Immer wieder befasst sie sich mit Themen wie sexuelle Bildung, Pubertät und Selbstbestimmtheit. Auch informiert durch ihre Arbeit bei „Selbstlaut“, Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen.
Ein Elternabend gerät außer Kontrolle
Ein Elternabend, einberufen von einem besorgten Ehepaar zum Thema Sexualkunde im Schulunterricht gerät in "Verboten wäre - ein Elternabend" außer Kontrolle. Schon nach kürzester Zeit wird gestritten und heftig diskutiert. Währenddessen beschäftigen sich auch die Kinder Zuhause auf ihre Weise mit Sexualität. Aufgrund der Webcam eines übervorsichtigen Vaters dringt das kindliche Spielen bis zum Elternabend vor.
Etwas, das eigentlich nicht öffentlich sein sollte, ein intimer Moment zwischen drei Freundinnen, gelangt so an eine größere Öffentlichkeit. Die Reaktionen auf die Situation sind unterschiedlich, die einen sind gleich besorgt um das Wohl der Kinder und finden das, was da passiert grundsätzlich falsch. Andere Eltern finden das Ganze weniger schlimm und sehen das Problem nur in der Beobachtung. Der Zwischenfall eröffnet damit auch die Thematik der Überwachung und die Frage, ob beziehungsweise wann das gerechtfertigt ist.
Lockerer Umgang mit ernster Thematik
Das stößt neue Diskussionen unter den Eltern an und zeigt, dass die Meinungen nicht nur untereinander weit auseinander liegen, sondern oft auch an der Lebensrealität der Kinder und Jugendlichen vorbeigehen. Die Autorin des Stücks, Lilly Axster, hat jahrelange Erfahrung mit dem Thema, sie arbeitet bei „Selbstlaut - Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen“.
Das Thema sexuelle Bildung, so Axster, würde immer wieder gesellschaftliche Debatten auslösen. Ihr Wunsch war es mit „Verboten wäre“, einen humorvollen und vielstimmigen Beitrag zu dieser Debatte zu leisten. Und der soll weder ideologisieren noch auf eine Sichtweise beschränkt sein. Ziel ist es, so Axster, „verschiedene Stimmen einzufangen und damit auch zu spielen.“
Reden hilft
Die Autorin möchte mit ihrer Arbeit auch zur Prävention von Übergriffen oder Missbrauch an Kindern beitragen. Dabei geht es aber nicht nur um die Selbstermächtigung der Kinder und Jugendlichen, sondern gewissermaßen um die Erziehung der Erwachsenen. Denn Kinder würden häufig miterleben, dass Erwachsene komisch oder unangenehm reagieren, wenn es um Sexualität geht. Beispielsweise durch Lachen, mit blöden Witzen, Aussagen wie „das ist noch nichts für dich“ oder Gegenfragen à la „Wieso willst du das wissen?“ Dieses Verhalten vermittelt bei den Kindern den Eindruck, dass das ein Thema ist, über das man besser nicht spricht.
Und genau dieser Zustand wird, so Axster, oft ausgenützt. Personen, die die sexuelle Integrität von Kindern oder Jugendlichen angreifen - durch unangebrachte Sprüche, Grenzverletzungen oder Übergriffe – schaffen häufig den ersten Zugang, in dem sie den Kindern und Jugendlichen auf freundliche Weise Informationen zu Sexualität anbieten, die sie anderswo nicht erhalten. Ein offener Zugang zum Thema Sexualität und das Sprechen darüber seien deshalb äußerst wichtig. Das Stück soll dabei helfen.
Gerade bei Themen, bei denen es im sozialen und gesellschaftlichen Kontext Hemmungen gibt, bietet die Bühne den idealen Rahmen zur Auseinandersetzung, so die Regisseurin Felicitas Braun. Es sei ein toller Ort, um Dinge anzusprechen, weil man gewissermaßen im Schutz der Fantasie steht und sich dort mehr traut und vorstellen kann. Manchmal überspitzt, aber immer mit viel Humor zeigt das Stück „Verboten wäre – Ein Elternabend“ den oftmals schwierigen Umgang von Erwachsenen mit Sexualpädagogik und der Aufklärung der eigenen Kinder.
Gestaltung: Julia Sahlender
Service
Selbstlaut - Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen