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CHRISTIAN BRÄUCHLER

Dimensionen

Getrocknete Archive

Die Botanische Sammlung am Naturhistorischen Museum in Wien verfügt über 5,5 Millionen Herbarbelege. Sie ist damit die Nummer Sieben auf der Liste der Institutionen weltweit. Alle zusammen haben eine unglaublich große Zahl an getrockneten Pflanzen gebunkert: weit über eine Milliarde Belege lagern weltweit in Museen.

Heinrich Gustav Reichenbach, geboren 1824 in Dresden, vermachte Wien die größte private Orchideensammlung. Er hat 60.000 Orchideen aus aller Welt zusammengetragen, insgesamt bereicherte er die Wiener Sammlung um 600.000 Belege.

Historiker berichten von vier Eisenbahnwaggons, die nach Wien geliefert wurden. Reichenbach galt als der „König der Orchideen“: Wer immer über Orchideen forscht, muss seine Mappen mit getrockneten Belegen und Schriften studieren.

Manuskript Xenia Orchidacea Seite 4

Seiten aus dem Manuskript zum zweiten Band von Reichenbachs „Xenia orchidacea. Beiträge zur Kenntniss der Orchideen“.

NHM WIEN/ARCHIV FÜR WISSENSCHAFTSGESCHICHTE/SAMMLUNG REICHENBACH

Der Orchideenexperte Reichenbach fand übrigens einen Trick, wie er auf ewige Zeiten in die Geschichte der Botanik eingehen kann – und zwar an erster Stelle. Der Internationale Code der Nomenklatur für Pflanzen, Algen und Pilze“gibt vor, dass ein Gattungsname keinen Sinn ergeben, aber zumindest aus zwei Buchstaben bestehen muss. Die Orchidee AA steht nun bis in alle Zeiten am Beginn jeder Aufstellung- und damit auch der Botaniker Reichenbach.

Rote Mappe

In den roten Mappen werden die sogenannten „Typusbelege“ aufbewahrt, jene Exemplare, nach denen eine Art zum ersten Mal beschrieben worden ist.

CHRISTIAN BRÄUCHLER

Herbarien sind die Referenz für Artnamen – das ist ihre herausragendste Bedeutung, erklärt Christian Bräuchler, Leiter der Botanik vom NHM Wien. In den roten Mappen werden die sogenannten „Typusbelege“ aufbewahrt, jene Exemplare, nach denen eine Art zum ersten Mal beschrieben worden ist. Das Konzept der roten Mappen hat sich während des Zweiten Weltkriegs in London etabliert, als die Pflanzensammlungen rasch evakuiert werden mussten.

Campanula pulla

Campanula pulla - ein Endemit aus den Ostalpen Niederösterreichs und der Steiermark. Der Klimawandel bedroht die Alpenflora massiv.

CHRISTIAN BRÄUCHLER

Archivblatt

CHRISTIAN BRÄUCHLER

Die Herbarien haben mit dem Klimawandel eine völlig neue Bedeutung bekommen. „Wenn wir über Biodiversität sprechen, sind Namen unser Schlüssel dazu. Wenn wir die Namen nicht definieren können, dann wissen wir nicht, wie sich die Vegetation verändert. Über die Jahrhunderte wurde in den Museen zusammengetragen, wo was wann wuchs - diese Zeitreihen sind von unschätzbarem Wert. Diese laufen durch aktuelle gesetzliche Beschränkungen und schwindende Expertise Gefahr abzureißen. Wir können dann aber nicht mehr in der Zeit zurückreisen", erklärt Christian Bräuchler.

Das NHM ist dabei Teile der Sammlung zu digitalisieren. Ziel ist eine komplette Digitalisierung, meint Heimo Rainer, der das Projekt leitet. Ein finanzieller Kraftakt, der noch nicht durchfinanziert ist. Vorbild sind Museen in Paris, Leiden oder Schweden, die ihre Sammlungen bereits digital erfasst haben. Heimo Rainer: „Über eine Virtualisierung könnten alle Botaniker weltweit auf das Material zugreifen. Zudem hätten wir erstmals einen Überblick über unseren gesamten Bestand.“

Service

Naturhistorisches Museum Wien - Botanische Abteilung

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