Der Schatten einer erwachsenen Person mit zwei Kindern an den Händen

APA/DPA/PETER KNEFFEL

Moment

Kinder von heute treffen Kinder von gestern

Statt Handy und Computer gab es Bücher und das Radio. Der Schulweg dauerte eine Stunde - zu Fuß. Und am Bauernhof musste mitgeholfen werden - da galt keine Widerrede. Fünf junge Menschen treffen Menschen ihrer Großelterngeneration.

Monika (69), Ernst (67) und Gabi (63) wuchsen in den 1960er Jahren in Tirol und Oberösterreich anders, als die Kinder der Gegenwart, auf.

„Opa, ich kann mir nicht vorstellen, wie ihr in den Kindergarten gegangen seid.“

Die zehnjährige Stefanie besucht gemeinsam mit ihren beiden älteren Schwestern, den 14-jährigen Zwillingen Eva und Mirjam, ihre Großeltern Ernst und Gabi Kronlachner für einen besonderen Anlass: ein ausführliches Gespräch über das Kindsein heute und früher.

"Bei uns nie jemand in den Kindergarten gegangen, weil es keinen gegeben hat" erzählt Ernst Kronlachner der zehnjährigen Stefanie.

Er ist nie in den Kindergarten gegangen, erzählt Ernst Kronlachner, 67 Jahre alt. Er und seine drei Brüder verbrachten ihre Kindheit auf einem kleinen Bauernhof in Oberösterreich; in einem Ort, wo erst viele Jahre später ein Kindergarten eröffnete.

Dass Gabi Kronlachner (63) und ihre sechs Geschwister einen Kindergarten besuchten, sei eine Seltenheit gewesen, erzählen die Großeltern ihren Enkeltöchtern. Aber die Kinder mussten betreut werden: der Vater arbeitete außer Haus und die Mutter betrieb eine eigene Schneiderwerkstatt.

„Ich war immer bei den Tieren im Stall, bei den Nachbarn.“

Die gebürtige Tirolerin Monika Zeisenböck (70) lebt seit einigen Jahren im Caritas Pflegehaus St. Barbara in Wien. Statt Handy und Computer gab es Bücher und das Radio – und ein einziges Telefon im Dorf.

"Wir sind schon bald in den Arbeitsprozess eingebunden worden. Jeder hat seine Aufgabe gehabt", erzählt Ernst Kronlachner. "Mit fünf Jahren habe ich melken gelernt", ergänzt Monika Zeisenböck.

Mitunter sehr anstrengend waren die Aufgaben der Kinder früher: sie fütterten und melkten die Kühe, klaubten am Feld Erdäpfel und spülten am Waschtag die Wäsche händisch aus.

In den Familien der Kinder und Jugendlichen von heute, werden die Haushaltsaufgaben ebenfalls verteilt: Leo kocht den Reis, wie er es von seinem japanischen Vater gelernt hat, und Eva, Mirjam und Stefanie helfen im Garten, beim Staubsaugen oder Bad Putzen. Wichtig sind ihnen besonders ihre Freunde und ihre Hobbies: sie spielen Klavier, Schlagzeug und Fußball. Für ihren Lieblingssport, das Geräteturnen sind Mirjam und Eva bereit, mehrmals in der Woche zu trainieren.

"Ein Hobby hat es nicht gegeben, wir hätten gar nicht gewusst was das ist", erzählt Ernst Kronlachner, "Wir sind einfach viel draußen gewesen, in der Natur. Gelesen habe ich gerne auch unter der Bettdecke mit Taschenlampe, weil wir ja eigentlich schon schlafen sollten", erinnert sich Gabi Kronlachner.

Die Großeltern der Mädchen wußten nicht was ein Hobby ist, sie haben gespielt, in der Natur, mit den Nachbarskindern. Mit denen sie sich auch ordentlich gestritten und gerauft hat, erzählt Monika Zeisenböck, die von sich selbst sagt: „Ich war ein wildes Kind.“

"Meinem Vater war es wichtig, dass auch die Mädchen einen Beruf erlernen."

Junge Menschen heute haben mehr Möglichkeiten ihre Freizeit zu gestalten, eine Ausbildung und später dann einen Beruf zu wählen, als vor 50 oder 60 Jahren. Ihr beruflicher Weg war vorgezeichnet, erzählt Gabi Kronlachner, die von ihrer Mutter das Schneiderhandwerk erlernte. Eine Berufsausbildung für ein Mädchen, mit sechs Geschwistern, war damals keine Selbstverändlichkeit. Aber ihrem Vater war es, trotz der finanziellen Belastung, wichtig, dass alle Kinder einen Beruf erlernen.

Auf den Jugendlichen von heute lastet hingegen der Druck, sich zwischen den vielen Wegen für den richtigen zu entscheiden.

So unterschiedlich die Kinder einer jeden Generation aufwachsen, so schwer kann es sein, das Leben der anderen zu verstehen. Und doch gibt es Themen, die Kinder und Jugendliche heute wie gestern beschäftigen: Familie, Freundschaft, Schule und die Zukunft.

Text: Johanna Steiner