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ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Leporello

Literatur für die Zukunft

"Texte. Preis für junge Literatur" ist eine Auszeichnung für schreibinteressierte Jugendliche zwischen 14 und 19, die heuer bereits zum neunten Mal von den Literarischen Bühnen Wien in Kooperation mit dem Burgtheater verliehen wird. Prämiert wird "sprachlicher Nonkonformismus, der zu begeistern vermag", so der Initiator Christoph Braendle.

Ganz bewusst verzichtet er auf thematische Vorgaben für die Texte: "Das kreative Schreiben, das freie Schreiben, findet kaum noch oder nur an vereinzelten Schulen bei engagierten Professorinnen und Professoren statt", sagt Christoph Braendle. In den letzten Jahren habe man die Erfahrung gemacht, dass bei einem vorgegebenen Thema 50 bis 60 Prozent der Einreichungen sogenannte Erörterungen sind. Um dem zu begegnen, möchte man dazu aufrufen, dieses schulische Denken zu verlassen und sich auf die kreativen Fähigkeiten zu besinnen.

Inzwischen schreiben eigentlich alle

Immer öfter behandeln junge Menschen in ihren Texten gesellschaftspolitische Themen. Dabei sind Fragen zur Klimakrise zentral, aber auch zu Rassismus und Ausgrenzung. "Wir müssen mit dem Irrtum aufräumen, dass die jungen Leute nicht mehr lesen und nicht mehr schreiben", so Braendle, und er ergänzt: "Dazu kommt, dass sie ja das Schreiben gewöhnt sind. Sie schreiben permanent auf ihren Handys. Aber im Vergleich zu früher, wo Leute, die nicht geschrieben haben, tatsächlich nicht geschrieben haben, schreiben inzwischen eigentlich alle." Die jungen Leute von heute seien in einem viel höheren Maße multitaskingfähig, "sie können parallel mehrere Universen bedienen".

Vom Sein zum Schein

"Die Rebellion gegen Makellosigkeit" - ein aktuelles Bedürfnis der Generation Instagram. Wenn sich der Autor Christoph Braendle an seine Jugend erinnert, dann denkt er an Erich Fromm, der damals schon als philosophisches Vorbild zwischen den verschiedenen Formen des Seins unterschied: "In meiner Jugend war das Sein sozusagen ein Dogma. In den 80er Jahren, habe ich das Gefühl, ist das total gekippt. Seither ist der Schein zum Dogma geworden. Die jungen Leute leiden, glaube ich, sehr darunter, dass dieser Anspruch der äußeren Perfektion derart massiv ins Zentrum gerückt worden ist. Sie merken, dass sie an dem Widerspruch zwischen Erwartung und Erfüllung scheitern müssen. Ich hoffe natürlich, dass es unter diesen jungen Autorinnen und Autoren vereinzelte Leute gibt, die einen sprachlichen Nonkonformismus entwickeln können, der zu begeistern vermag."

Die Werke der Finalist/innen des Bewerbs "Texte. Preis für junge Literatur" sollen am 3. Dezember im Kasino am Wiener Schwarzenbergplatz öffentlich präsentiert werden. Zu lesen sind sie bereits jetzt auf der Website der Initiative.

Gestaltung: Julia Baschiera

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Texte - Preis für junge Literatur

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