Dirigentin Joana Mallwitz

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Joana Mallwitz "im Gespräch"

"Dirigieren lernt man nicht durch Nachdenken"

Rosa Lyon im Gespräch mit der Dirigentin Joana Mallwitz.

Die Dirigentin Joana Mallwitz hat keinen CD-Player zu Hause. Dafür ist einfach kein Platz. "Weil in meinem Kopf immer die Partituren arbeiten", meint die als großes Talent geltende Generalmusikdirektorin des Staatstheaters Nürnberg in einem Interview mit dem Westdeutschen Rundfunk.

1986 in Hildesheim als Tochter einer Lehrerin und eines Lehrers geboren, lernte sie im Alter von drei Jahren, Klavier zu spielen. Mit 13 Jahren wurde sie als musikalisch Hochbegabte an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover aufgenommen und studierte Klavier und Dirigat. Pianistin wollte sie nie werden. Es waren symphonische Werke, die sie tief berührten. "Da habe ich gemerkt: Das ist meine Welt, mein Zuhause!"

Jüngste Generalmusikdirektorin Europas

2006 erhielt Joana Mallwitz als Dirigentin und Solorepetitorin ihr erstes festes Engagement am Theater Heidelberg. Zwischen 2007 und 2011 verbrachte sie dort als Zweite Kapellmeisterin und Assistentin des Generalmusikdirektors Cornelius Meister eine intensive und lehrreiche Zeit. Mit erst 20 Jahren sprang sie bei einer Premiere ein und dirigierte Giacomo Puccinis "Madama Butterfly". "Natürlich war das stressig, weil ich dort einfach Repertoire fressen musste. Aber dirigieren lernt man nicht durch Nachdenken", erinnert sie sich im Interview mit der "nmz" ("neue musikzeitung").

Die harte Arbeit fruchtete: 2014 trat Joana Mallwitz als jüngste Generalmusikdirektorin Europas ihr erstes Leitungsamt am Theater Erfurt an. Die von ihr konzipierten "Expeditionskonzerte", in denen sie symphonische Musik lustvoll aufbereitete, erfreuten sich beim Publikum großer Beliebtheit. "Das war immer schon ein Wunsch von mir. Man entdeckt eine tolle Stelle und will eigentlich raus zu den Leuten auf die Straße und sagen: Hier, hör dir das an!" Ihren Enthusiasmus und ihre unbändige Leidenschaft für die Musik strahlte Joana Mallwitz als Dirigentin und Pianistin wie auch als Moderatorin dieses Konzertformats aus.

Ich bin immer wieder überrascht, wo man überall die erste Frau sein kann

Am Staatstheater Nürnberg, das sie seit 2018 musikalisch leitet, profilierte sie sich mit Neuproduktionen von Sergej Prokofjews "Krieg und Frieden" und Richard Wagners "Lohengrin". 2019 wurde sie von der Zeitschrift "Opernwelt" zur Dirigentin des Jahres gewählt. Damit ist sie nach Simone Young erst die zweite Frau, die diese Auszeichnung erhielt.

Bei den Salzburger Festspielen war Joana Mallwitz 2020 die erste Frau, die mit Wolfgang A. Mozarts "Così fan tutte" eine gesamte Aufführungsserie leitete. "Ich bin immer mal wieder überrascht, wo man überall die erste Frau sein kann. Das ist nichts, worauf man stolz ist", wird Joana Mallwitz von der "nmz" zitiert.

Demnächst an der Wiener Staatsoper

Stolz dürfte sie jedenfalls auf die lange Liste namhafter Institutionen blicken, an denen sie gastiert hat: von der Bayerischen Staatsoper und der Dresdner Philharmonie über die Norwegische Nationaloper in Oslo und die Königliche Kapelle in Kopenhagen bis hin zum Philharmonia Orchestra in London. Im März 2021 wird Joana Mallwitz mit "Madama Butterfly" erstmals an der Wiener Staatsoper zu Gast sein. "Ich finde, es sollte überall im Leben so sein wie im Orchesterproberaum. Denn wenn es nur um die Sache geht und man das ganze Ego weglässt, dann ist es so einfach!", meint Joana Mallwitz.

Text: Viktoria Waldhäusl