Band einer Bibel aus Gutenbergs Druckpresse

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Science Arena

Kann man die Bibel wortgetreu übersetzen?

Die Bibel, der religiöse Text zunächst des Judentums, dann in erweiterter Form das religiöse Fundament der Christenheit, ist auf altaramäisch, hebräisch und altgriechisch verfasst worden. Wie soll und kann man die jahrtausendealte Schrift in moderne Sprachen, also auch ins Deutsche übersetzen?

„Es begab sich aber zu der Zeit...“ Diese Worte des Lukasevangeliums, der Weihnachtsgeschichte, hören oder lesen am 24.Dezember, dem Heiligen Abend, oft auch jene Menschen, die sonst das ganze Jahr über wenig bis nichts mit der Bibel zu tun haben.

Milena Heussler und Hans Förster

Hans Förster und Milena Heussler

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Kann man die Bibel in moderne Sprachen, also auch ins Deutsche übersetzen? Als historischen Text im Zusammenhang seiner Entstehungszeit oder in Hinblick auf moderne Auffassungen von Gesellschaft und Glauben?

Darüber diskutieren in der Science Arena zwei Persönlichkeiten der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Wien. Der Historiker und Papyrologe Hans Förster und die Theologin und Philologin Milena Heussler wirken dort Tür an Tür am Institut für Neutestamentliche Wissenschaft. Damit enden aber schon die Gemeinsamkeiten in der Frage, wie die Bibel zu übersetzen sei.

Bibelübersetzungen sollen wortgetreu sein. Gleichzeitig steht die Treue zum Ausgangstext in Spannung dazu, dass sich das antike Publikum fundamental von der heutigen Leserschaft unterscheidet.

„Bibelübersetzungen sind auch Texte, die in heutige Kontexte hineinwirken und als solche reflektiert werden müssen."

Milena Heussler plädiert für eine zeitgemäße Übersetzung für moderne Leserinnen und Leser. „Bibelübersetzungen sind auch Texte, die in heutige Kontexte hineinwirken und als solche reflektiert werden müssen." Für den Apostel Paulus mag es z.B. selbstverständlich gewesen sein, dass bei den Brüdern auch die Schwestern mitgemeint sind. Deswegen ist an entsprechenden Stellen mit „Brüder und Schwestern“ zu übersetzen.

„Eine Bibelübersetzung muss den historischen Kontext der erzählten Ereignisse gerecht werden.“

So stehts aber nicht im griechischen Urtext. Heusslers Institutskollege Hans Förster spricht aus der Sicht des Historikers für eine Übersetzung, welche die ursprünglich angesprochene Leserschaft stärker im Blick behält: „Eine Bibelübersetzung muss den historischen Kontext der erzählten Ereignisse gerecht werden.“

"Die große Frage, vor der ich stehe, ist: Wann nehmen wir uns zu viel Freiheit dem Text gegenüber. Wann schreiben wir den Text letztlich neu", sagt Hans Förster. Milena Heussler entgegnet: "Da würde ich ganz salopp formulieren, also eigentlich immer. Immer wenn ich mich einem Text als Wissenschaftlerin annehme, schreibe ich ihn eigentlich neu."

Verschiedene Bibeln

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Viele Beispiele zeigen, dass es sich um zwei berechtigte, aber nur schwer vereinbare Anliegen handelt.

Dabei ist wortgetreu nicht immer mit wahrhaftig gleichzusetzen, meint Hans Förster und bringt ein Beispiel: "Bei der Zinsgroschenperikope im Lukasevangelium übersetzten wir, das dort Leute so tun als ob sie gerecht wären. Das ist natürlich formal richtig, aber das ist nicht das worum es in diesem Text geht. Sie tun so als ob sie besonders regeltreue, besonders fromme Juden wären. Und der Unterschied zwischen so tun als ob man gerecht ist und so tun als ob man eine gewisse Frömmigkeit hat, ist offensichtlich. Das zeigt, wie einfach man bei einer wortgetreuen Übersetzung genau neben dem Text steht und den Text verrät."

Sanfte Deutungsverschiebungen reichen der feministisch bewegten Theologin Milena Heussler nicht, die schon einmal gendert und für Gott und Apostel auch in weiblicher Form plädiert.

"Ich kann nicht nur mein historisches Wissen heranziehen, ich muss auch mein heutiges Wissen über Geschlechterkonfigurationen, Konstellationen zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden auch mit reinnehmen. Der Punkt der mir wichtig ist, ist: Es geht um eine Annäherung dieser beiden Pole. Historizismus und heutigen Kontexten," sagt Milena Heussler.

Hans Förster bleibt hier lieber näher am Text – aber mit vielen Varianten.

"Hier ist für mich wichtig zu sagen: Text ist nicht eindeutig. Ich muss vorsichtig übersetzten. Ich muss unterschiedliche Möglichkeiten, die in einem Text liegen, zum Ausdruck bringen. Ich muss aufpassen nicht irgendeine Agenda in den Text zu legen," sagt Hans Förster.

Milena Heussler ist der historischen Übersetzung auch nicht abhold, sie ist immerhin genauso Bibelwissenschaftlerin wie Kollege Förster; aber mit Einschränkungen.

"Wir brauchen der historischen Kontext sehr wohl. Es geht immer um die Frage welche Normativität wir ihm zusprechen," meint Milena Heussler.

Entscheiden Sie selbst, ob sie lieber die Förster'sche oder die Heussler'sche Bibelvariante lesen wollen!

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