Ausstellungsansicht „Zbyněk Sekal“

BELVEDERE WIEN/JOHANNES STOLL

Ausstellung

Werke von Zbynek Sekal im 21er Haus

Mit Themen wie Einsamkeit und Entfremdung, Isolation und Weggesperrtsein hat sich der 1998 in Wien verstorbene Künstler Zbynek Sekal befasst. Meist hat er für seine abstrakten Bilder und Skulpturen gefundenes Material verwendet - als Inspirationsquellen diente ihm Literatur, Architektur, Philosophie und Spiritualität. Als Überlebender zweier Konzentrationslager arbeitete er mit seinen Kunstwerken auch das Erlebte auf. Diesem überaus interessanten, aber wenig bekannten Künstler ist eine Ausstellung im Belvedere 21 gewidmet.

Die Kunstbewegung des Surrealismus und die marxistische Theorie haben den 1923 in Prag geborenen Künstler Zbynek Sekal in seiner Studienzeit geprägt. Als kritischer Geist und politischer Aktivist verbrachte er zwischen 1941 und 1945 dreieinhalb Jahre im Gefängnis Prag-Pankrác und in den NS-Konzentrationslagern Theresienstadt und Mauthausen.

In Stein gehauene Biografie

Diese existentielle Erfahrung liegt seinem künstlerischen Werk zugrunde, der Freiheitsverlust, die Bedrohung, die Ausweglosigkeit. Besonders konkret wird das in einer Steinskulptur, die er 1966 beim Bildhauersymposium in St. Margarethen geschaffen hat und zeit seines Lebens gehütet, also nicht verkauft hat: ein aus dem Gedächtnis in Stein gehauener Lageplan des KZ Mauthausen. "Was uns als lapidares, rein formalistisches Ornament erscheint, ist eigentlich eine Erinnerung an Gräueltaten, die er selbst erlebt hat", meint Harald Krejci, Kurator der Ausstellung im Belvedere 21, "hier ist interessant, wie die eigene Biografie die formal-ästhetischen Kategorien sprengt."

Gleich neben dem Stein von 1966 ist ein Bild mit dem Titel "Schema eines zweckgemäßen Betriebes". Wie so oft hat Sekal auch hier gefundenes Material, im Sinne des surrealistischen Objet trouvé, verwendet: in parallele Linien gelegte und zu flachen Ornamentstrukturen gedrehte Kupferdrähte, die auch vervielfachte Grundrisse darstellen könnten. In Bezug gesetzt zum Mauthausen-Stein bekommt der Titel eine sarkastische Note, meint Krejci: "Denn, was ist der zweckgemäße Betrieb im KZ gewesen? Das war die funktionierende Tötungsmaschine."

Wiener Exil

Es sei faszinierend, wie inhaltlich aufgeladen ein scheinbar abstraktes, formalistisches Werk sein kann, meint Krejci. Er hat die Ausstellung aus dem zum Großteil im Besitz der Witwe befindlichen Nachlass zusammengestellt. Zbynek Sekal lebte bis zu seinem Tod 1998 in Wien - nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 war er, über ein DAAD-Stipendium nach Berlin gereist und 1970 weiter nach Österreich. Hier hatte er - der in den 1960er Jahren bereits ein renommierter Avantgardist mit internationalen Ausstellungen war - befreundete Künstlerkollegen. So hatte er bereits 1971 Ausstellungen in der Galerie Griechenbeisl in Wien und in der Galerie Maerz in Linz.

In Wien entwickelte sich sein Werk, ausgehend von Objekten, die er in Bilder integrierte, immer mehr ins Dreidimensionale; seine sogenannten Schreine entstanden. Das sind räumliche Konstruktionen aus Stäben und Latten, in deren Zentrum oft ein Gegenstand montiert ist. "Um dieses Objekt hat er ein Koordinatensystem gebaut, einen Raum rundherum definiert", so Krejci, und irgendwann habe Sekal dann nicht mehr gewusst, ob es darum ging, dem Objekt ein schützendes Gerüst zu bauen oder um die Idee des Gerüstes an sich.

Bezug zu Architektur und Material

Interessant ist auch die Beziehung zur Architektur des Belvedere 21, der umgebaute und sanierte Expo-Pavillon von Karl Schwanzer aus 1958; die introvertierte, materialbezogene Fokussierung des zentraleuropäischen Avantgardisten als Gegenposition zur westlichen Weltoffenheit des Hauses.

Dem verschrobenen Esprit des Werks von Zbynek Sekal entspricht die Gestaltung der Ausstellung. Für diese wurden - auch aus Budgetgründen - ausschließlich Materialien verwendet, die bereits im Haus vorhanden waren. So sind die Sockel, auf denen sie Schreine stehen, unterschiedlich hoch und nicht frisch gestrichen. Als Wände werden Baustellengitter und Spanplatten verwendet.

"Meine kuratorische Auffassung dazu war, es müsste aussehen, als hätte jemand die Sachen einfach nur abgestellt, damit der Boden gewischt werden kann. So eine Ästhetik wollte ich haben. Wir waren im Lockdown und waren auf uns selbst zurückgeworfen, auch im Museum. Wir haben die Ausstellung im Team erarbeitet, den Aufbau selbst gemacht und kaum externe Kräfte benötigt - dadurch hat es eine Dynamik bekommen bei uns im Haus. Das mir gefallen: wie man in Krisen agiert", erzählt der Kurator über das Zustandekommen dieser höchst sehenswerten Ausstellung, die während des ersten Lockdowns in Windeseile konzipiert wurde, um eine andere zu ersetzen. Ein schönes - und übrigens gar nicht so rares - Beispiel dafür, wie aus Notsituationen Idealfälle generiert werden können.

Gestaltung

  • Anna Soucek