Saxofon

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Jazz

Zum 100. Geburtstag von Hans Koller

Aus Wien-Favoriten ins europäische Rampenlicht - Ö1 würdigt den Jazzmusiker Hans Koller, der am 12. Februar 1921 in Wien geboren wurde.

Wenn es einen Satz gibt, der ihn sowohl als Menschen als auch als Künstler prägnant und pointiert charakterisiert, dann ist es wohl sein Diktum: "Des geht ned durch mei Röhr’n!" Denn Saxofonist Hans Koller (1921-2003), das kantige Original aus Wien-Favoriten, war mitunter nicht nur ein Freund direkter Worte, er war auch ein kompromissloser Musiker, der sich schon in seinen Anfangsjahren, in der kargen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, nur ungern der existenziell notwendigen Fron der Arbeit als Unterhaltungsmusiker aussetzte.

Im Dezember 1950 quittierte Koller über Nacht den Dienst im Wiener Tanzorchester von Schlagersänger Horst Winter, um nach München und wenig später nach Frankfurt zu übersiedeln und dort jene Musik zu spielen, für die damals sein Herz schlug: modernen Jazz, beeinflusst vom New Yorker Cool-Jazz-Zirkel um Pianist Lennie Tristano.

"Jazz in Kollerland"

In Deutschland, vor allem in Frankfurt, der damals in der US-amerikanischen Besatzungszone gelegenen deutschen Jazz-Hauptstadt, machte Hans Koller rasch mit seinem eigenen Quartett - mit Pianistin Jutta Hipp - und ab 1953 mit seinen New Jazz Stars von sich reden, denen der junge Posaunist Albert Mangelsdorff angehörte. In der Folge stieg der Wiener Saxofonist zu einer Zentralgestalt der deutschen und der europäischen Jazzszene auf.

Regelmäßig zum deutschen "Jazzmusiker des Jahres" gewählt und in All-Star-Ensembles berufen, begleitete Koller Stars wie Dizzy Gillespie, Lee Konitz oder Chet Baker auf ihren Tourneen; einem oft und gerne erzählten Bonmot zufolge avancierte in den 1950er Jahren unter US-Musiker/innen der Begriff "Jazz in Kollerland" - der Herkunft des Saxofonisten zum Trotz - zum Synonym für deutschen Jazz.

Free Sound & Super Brass

1970 kehrte Koller nach Wien zurück, um sich wenig später mit der "Free Sound"-Band und einem Free-Jazz-beeinflussten Konzept musikalisch neu zu erfinden. Spektakulär war 1975/76 die Kombination des Quartetts mit einem zwölfköpfigen Blechbläsersatz, dem u. a. Albert Mangelsdorff und Trompeter Kenny Wheeler angehörten: Dieses durch wuchtigen, kraftvollen Sound bestechende Orchester firmierte unter "Free Sound & Superbrass" und verschloss sich auch körperhaften Rock-Rhythmen nicht.

"Wenn ein Jazzmusiker das Gleiche spielt wie vor 30 Jahren, dann spielt er 30 Jahre schlechter", so gab Hans Koller einmal im Gespräch mit seinem langjährigen Freund und Biografen, dem Wiener Jazzhistoriker und Ö1 Moderator Klaus Schulz, zu Protokoll. Und: "Stillstand im Jazz ist ein Rückschritt."

Skulptural wirkender Musik

Als ob Koller dies selbst demonstrieren wollte, legte er 1991 mit "Out On The Rim" ein letztes Album mit bis heute faszinierend modern anmutender, skulptural wirkender Musik vor, aufgenommen im Saxofonquintett und beeinflusst von seiner Tätigkeit als abstrakter bildender Künstler. Kollers völlig nostalgiefreie Haltung als Musiker war es letztlich auch, die ihm kurz vor seinem Tod im Dezember 2003 noch einmal mediale Aufmerksamkeit und ein kleines Bühnen-Comeback bescherte: Pianist Paul Urbanek führte jene jungen Musiker/innen an, die die Musik Hans Kollers neu für sich entdeckten und aufführten.

Von 1997 bis 2010 wurde zudem der Hans-Koller-Preis als wichtigste österreichische Jazzauszeichnung verliehen - benannt nach dem ersten österreichischen Jazzer von internationalem Renommee, dessen künstlerische Brillanz und Risikobereitschaft bis heute als beispielgebend gelten.

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