Maria Happel

KATARINA SOSKIC

Thomas Bernhard

Maria Happel in der "Jagdgesellschaft"

Am 9. Februar hätte Thomas Bernhard seinen 90. Geburtstag gefeiert. Aus diesem Anlass probt man derzeit im Akademietheater seine "Jagdgesellschaft" in der Regie von Lucia Bihler. Martin Schwab und Maria Happel, beide Bernhard-erfahren sind darin in den Hauptrollen zu sehen.

Auch am Salzburger Landestheater hätte man Bernhard gewürdigt, wenn es die Bedingungen zugelassen hätten. So wird die Premiere von "Heldenplatz" am 6. Februar ins Netz verlegt. Außerdem sind auch neue Publikationen erschienen - etwa jene von Bernhards Halbbruder und Nachlassverwalter Peter Fabjan oder die Graphic Novel "Die unkorrekte Biografie" des Zeichners Nicolas Mahler.

Thomas Bernhard hielt das 1974 am Wiener Burgtheater uraufgeführte Stück "Die Jagdgesellschaft" für seine gelungenste Arbeit. Dass es das Stück trotzdem so selten auf die Spielpläne gefunden hat, verwundert Maria Happel. "Ich kann es mir nicht erklären, denn es ist fast visionär, was der Bernhard damals geschrieben hat; nicht nur in Bezug auf den Borkenkäfer, der uns jetzt wieder beschäftigt."

Von Borkenkäfer und Krankheit

Der Borkenkäfer zerfrisst die Wälder des alten Generals, eine tödliche Krankheit sein Inneres. Er, der in Stalingrad einen Arm verloren hat, gerne im Gefolge von Prinz und Ministern auf die Jagd geht, und am Grauem Starr leidet, ist scheinbar ahnungslos. Die Generalin, dargestellt von Maria Happel, versucht die bittere Wahrheit vor ihm zu verbergen. Einzig der Schriftsteller, der der Generalin Gesellschaft leistet - erkennt den Grad des Verfalls.

"Das sind wir, die wir uns bekämpfen ...
Eine Komödie im Bernhardschen Sinne"
Martin Schwab

Ohne Zweifel beschreibt Bernhard hier eine innerlich wie äußerlich kranke Gesellschaft und mit der Jagdgesellschaft uns alle - so Martin Schwab, der den General verkörpert. "Das sind wir, die wir untereinander uns bekämpfen, neidisch sind, uns abzustechen drohen. Und wenn man fragt, ist das eine Komödie? - es ist eine Komödie im Bernhardschen Sinne, und die ist immer ganz nahe an der Tragödie."

Das Sterben ist wohl in keinem Stück Bernhards so präsent wie in diesem, meint Maria Happel. "Vielleicht beschäftigen wir uns im Moment mehr mit dem Sterben als sonst."

Neuer Zugang von Lucia Bihler

Wer am Burgtheater bisher Thomas Bernhard sagte, sagte auch Claus Peymann. Umfassend und stilprägend war die Zusammenarbeit der beiden. Jetzt inszeniert die Münchner Regisseurin Lucia Bihler, Jahrgang "Heldenplatz", also 1988. Sie ist Hausregisseurin an der Volksbühne Berlin.

"Sie kommt von der anderen Seite - vom Bild - und sie baut große Bilder. Man denkt, die Sprache ist ihr vielleicht nicht so wichtig, das stimmt aber nicht. Man arbeitet da von zwei Seiten - vom Bild und von der Sprache - zueinander und trifft sich."

"Für uns ist das Hochleistungssport"
Maria Happel

In blutiges Rot taucht Bihler das Bernhardsche Stück. In einem durch und durch roten Puppenhaus agieren die Figuren in roten Lackkostümen. Die Haare kleben ihnen strähnig am Kopf, ihre Bewegungen sind künstlich, die Geräusche unnatürlich verstärkt. Das ist schön und schrecklich zugleich und vollkommen ungewohnt für an Peymannsche Ästhetik gewöhnten Augen. Für Happel ist der neue Zugang spannend - und anstrengend.

"Für uns ist das wirklich in den letzten Wochen Hochleistungssport gewesen, weil es kommt ein Black (in der man quasi ins Hirn des Schriftstellers blickt) und wenn das Licht wieder angeht sind wir an ganz anderen Stellen der Bühne, um im nächsten Black wieder zurückzuwuseln und ganz normal weiter zu spielen und nicht außer Atem zu sein und den gleichen Ton wieder zu treffen."

Auf das Märchen vertrauen ...

Herausfordernd ist für Maria Happel derzeit auch ihre Aufgabe als neue Direktorin des Max Reinhardt Seminars. Der theoretische Unterricht wird digital abgehandelt, Einzel- und Gruppenunterricht findet nur getestet statt. "Und die jungen Leute sind in einer sehr schwierigen Situation, die können nicht reisen, nicht vorsprechen, die Intendanten können nicht kommen, um sie sich anzuschauen. Wir mussten die ersten Runden der Zulassungsprüfung digital abhalten."

Absolventen des Max Reinhardt Seminars starten derzeit in eine Theaterwelt, die seit fast einem Jahr im Dornröschenschlaf liege, so Happel abschließend. "Aber auch da müssen wir auf das Märchen vertrauen - wir werden wieder wachgeküsst."

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