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APA/DPA/PATRICK PLEUL

Runder Tisch

Freie Kulturschaffende in den Bundesländern

Es war der erste derartige Austausch überhaupt: Vizekanzler Werner Kogler und Staatssekretärin Andrea Mayer trafen mit 25 Vertreterinnen und Vertretern autonomer Kulturinitiativen aus ganz Österreich am virtuellen Runden Tisch zusammen.

Vor allem die freie Kulturszene in den Bundesländern leidet stark unter der Krise, asymmetrische Förderstrukturen werden noch offensichtlicher, zu verbessern gibt es viel. Und so freuen sich die freien Kulturschaffenden, dass das Gespräch, das von allen Beteiligten als konstruktiv und wertschätzend gelobt wurde, kommende Woche fortgesetzt werden soll.

Ermüdung, Frust und "jetzt erst recht"

Die Stimmung war schon einmal besser in der freien Kulturszene: "Mühsam" sieht der Kulturveranstalter Hans Oberlechner die Lage, "es ist frustrierend" konstatiert Lidija Krienzer-Radojevic von der IG Kultur Steiermark. Und Alina Zeichen von der IG Kulturinitiativen Kärnten/Koroska vernimmt derzeit "viele Stimmen, die sagen, ich schaffe das nicht mehr, ich kann nicht mehr".

Gemeint ist das Planen, Verschieben, Absagen und Neuplanen von Veranstaltungen, das sich vor allem im ländlichen Raum für die Klein- und Kleinstvereine schwierig gestaltet. Viele sind - teils unfreiwillig - ehrenamtlich tätig oder befinden sich in atypischen Beschäftigungsverhältnissen, bei denen die Kurzarbeit nicht greift. Aber auch wenn sie möglich ist, sei Kurzarbeit für viele unmöglich, räumt Krienzer-Radojevic ein, "weil der coronabedingte Mehraufwand viel mehr Arbeit bedeutet".

Ungleichgewicht im Fördersystem

Gerade jetzt werden asymmetrische Förderstrukturen noch offensichtlicher, sagt Lidija Krienzer-Radojevic, Geschäftsführerin der IG Kultur Steiermark. Mehr als sonst zeige sich, "dass die Förderungen vom Land Steiermark eher in den urbanen als in den ländlichen Raum fließen". Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in Kärnten, wo weniger als zehn große Kulturinstitutionen mit über 150.000 Euro Förderung bedacht werden. "Daneben gibt es zahlreiche sehr kleine Kulturvereine, die aber 90 bis 95 Prozent des Kulturlebens in Kärnten ausmachen", sagt Alina Zeichen.

Es sind Theater-, DJ- und Tanzworkshops für Jugendliche, Kunst- und Kulturprojekten in den autochthonen Volksgruppen oder Kulturvermittlung im Altersheim, die für kulturelle Vielfalt und Diversität auch in ländlichen Regionen sorgen. Seit elf Monaten unterliegen sie denselben Corona-Bestimmungen wie die großen Häuser. Schwer verständlich für Lidija Krienzer-Radojevic, denn: "Eine Veranstaltung für zehn bis 20 Kinder ist doch etwas völlig anderes als eine für mehr als 1.000 Menschen."

Gleiche Bestimmungen für Groß und Klein

Und trotzdem hätten selbst die kleinsten Kulturvereine und Veranstalter im Herbst eigene Covid-Beauftragte ernannt, sichere Sitzordnungen und umfangreiche Präventionskonzepte erarbeitet, und seit November wieder alle Veranstaltungen abgesagt oder bis auf weiteres verschoben: "Man fragt sich, wofür die ganze Arbeit gut war", so Krienzer-Radojevic.

"Vor allem die Planungsunsicherheit ist frustrierend. Viele in Tirol überlegen gerade, ihre Initiativen aufzugeben, weil sie nicht mehr können. Das bringt natürlich enorme kulturelle Verluste für das ganze Land", erzählt Hans Oberlechner. Seit 18 Jahren betreibt er in St. Johann in Tirol die Kulturinitiative Muku in der Alten Gerberei. Derzeit nicht auf dem Spielplan: zeitgenössische Musik, Arthouse Filme, Kinder- und Jugendveranstaltungen, Kunstvermittlung und vieles mehr.

Schilehrerkurs statt Arthouse-Kino

Die Lifte im Ort sind - wenn auch reduziert - in Betrieb. An die regelmäßigen Schlagzeilen wegen Schilehrer-Cluster und Corona-Parties habe er sich schon gewöhnt, "aber natürlich fühlt man sich vollkommen gefrotzelt, wenn man selbst nicht aufsperren darf und sieht, was alles möglich ist".

Finanziell werde man mit einem dunkelblauen Auge davonkommen, sagt Oberlechner, der auf einen normalen Betrieb ab etwa Juni hofft. Vor allem die Maßnahmen der Bundesregierung, etwa der NPO-Fonds hätten dabei geholfen.

Freude über positive Signale aus der Kulturpolitik

Positiv überrascht ist Oberlechner auch von der Kommunikation mit der Kulturpolitik auf Landesebene. Und er freue sich über die kulturpolitische Premiere, die der virtuelle Runde Tisch mit dem zuständigen Minister Werner Kogler und der Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer darstellte.

Auch für Lidija Krienzer-Radojevic und Alina Zeichen ist dieser Austausch eine wichtige Weichenstellung: Noch nie, auch nicht in vergangenen Regierungen, sei der freien Kulturszene derart viel Interesse und ein offenes Ohr entgegengebracht worden.

In Kärnten gebe es derzeit auch die Möglichkeit für freie Kulturschaffende, mehrmonatige Arbeitsstipendien zu beantragen, die nicht auf kurzfristige, projektbezogene Ergebnisse abzielen - für Alina Zeichen ebenfalls ein begrüßenswertes Signal.

Aufsperren, Freitesten, Verschieben?

Nächste Woche soll das Treffen in die zweite Runde gehen. Wichtigstes Anliegen der Kulturschaffenden: Mehr Sensibilität für die unterschiedlichen regionalen Bedingungen. Zum Beispiel bei den Fragen: Wer darf wann unter welchen Bedingungen öffnen? Und wie soll etwa das berüchtigte Freitesten gehandhabt werden?

Alina Zeichen von der IG Kulturinitiativen Kärnten/Koroska: "Aus Wien höre ich immer nur, wie super die Teststraßen funktionieren, und wie toll man sie in das Alltagsleben integrieren kann. Aber wenn man am Land eine Stunde in eine Richtung fahren muss, um sich testen zu lassen und auch noch zehn Tage vorher einen Termin vereinbaren muss, dann wird es kompliziert."

Vor allem auf solche regionalen Besonderheiten erhofft man sich beim nächsten Treffen konkrete Antworten aus dem BMKOES.

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