Franz Schuh

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Ehrung für Franz Schuh

Schauspieler des Jahres

Seit 1997 ernennt die Hörspielredaktion jährlich den Schauspieler bzw. die Schauspielerin des Jahres. Diesmal fiel die Wahl auf Franz Schuh für seine brillante Verkörperung aller Rollen in Konrad Bayers „kasperl am elektrischen stuhl“. Eine Laudatio von Philip Scheiner.

Franz Schuh ist Ö1 Hörerinnen und -Hörern aus vielen und unterschiedlichen Radiosendungen bekannt. Neben seinen Tätigkeiten als Philosoph, als Schriftsteller, Essayist, als Kommentator dessen, was geschieht, und dessen, was zu manches Zeitgenossen Bedauern nicht geschieht, neben Veröffentlichungen in verschiedenen anderen Medien äußert er sich in Österreich 1 als Verfasser feinster Glossen zu mannigfaltigen Themen. Unter anderem im „Magazin des Glücks“.

Franz Schuh, der Vielgestaltige

Er ist dabei stets Autor und Darsteller, ein Interpret seiner selbst, ein Hör-Spieler par excellence: Aus dem Stand gaberlt sich da jemand eine edle Textminiatur um die andere in die Höh‘, auf dass kein Geringerer als er selbst die Vorlage volé, im Fluge, übernehme und in eine frische, irgendwie phantastische Form bringe, anschaulich mache – was im Radio bedeutet: im Kopf der Menschen da draußen sprechen zu dürfen.

Einlass ins Innerste wird gerne jenen gewährt, die etwas zu sagen haben. Franz Schuh hat viel zu sagen. Es ist, als spräche er aus nicht nur einem Magazin, vielmehr aus einem Magazin-Ensemble heraus. Es ist, als wüssten hier mehr Leute Bescheid, versammelt in einem Gehirn.

Franz Schuh im Ö1 Studio

ORF/JOSEPH SCHIMMER

"Sinnvolle und nicht vergeudete Jahre"
Franz Schuh

Dankesworte des Preisträgers

Mann für alle Rollen

Wer, wenn nicht er, wäre geeignet, in einem geeigneten Hörspiel alle Rollen zu spielen? „Geeignetes Hörspiel“ – als wäre Erfolg kalkulierbar, als wüssten wir, was gelingen wird, als hätten wir den Zufall im Griff. Das „geeignete Hörspiel“ hatte Franz Schuh schon gefunden, er brauchte uns nur noch Appetit darauf zu machen.

Das war für ihn die leichteste Übung, Schuh hatte mit Konrad Bayers Stück „kasperl am elektrischen stuhl“ den Joker bereits ausgespielt, dann mit seinem Besetzungswunsch beherzt überboten: Er selbst, wer sonst, spielt sie alle, den Reporter, den Apollo, den Löwen, alle - vor allem den Kasperl, den kleinen Gauner der Sprache, der das ganze Theater, nun ja, recht philosophisch durcheinanderbringt.

Ein Donnerwetter an pikanten Sprachmanövern

Solcherart junktimiert war das „Paket“ mehr als plausibel, wir übernahmen mit Freuden die Verantwortung für die Umsetzung des Projekts: Konrad Bayers Theatertext „kasperl am elektrischen stuhl“ wird, in der Hörspielbearbeitung von Franz Schuh, von demselben in allen Rollen dargeboten. Im Radio. Aber hallo.

Ist die Hörspielabteilung von Ö1 offen für neue Formen der akustischen Kunst? Selbstverständlich, so darf hier in aller Bescheidenheit und ehrlicher Wertschätzung für Experimente mit Klang und Sprache, mit allem, was dazwischen liegt, betont werden – selbstverständlich versuchen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten, diesen neuen, hoffnungsvollen und bewegenden Ausdrucksformen eine Bühne zu bieten. Um zurück ins Theater zu schneiden: „kasperl am elektrischen stuhl“ vereint ein Bad an Konventionen mit einem Donnerwetter an pikanten Sprach- und Sprechmanövern. Der Bau der Theaterkirche, jene Pracht wird mit blasphemischer Ambiguität bespielt. Genau des Schuhs Kragenweite.

Konrad Bayers „kasperl“-Theater rinnt wild in die Kehlen der Ansässigen: der Kritiker im Publikum - der bezahlten und der unbezahlten, der eingebildeten Kritiker und der astreinen. Als wäre hier irgendwas aus Holz. Mitnichten, es fließt – in wilden Bahnen aus Widersprüchen und Mehrdeutigkeiten. Ein Terrain, welches Franz Schuh seit je behände auszuleuchten vermag für die Dauer eines Textes, eines Gedankens, eines Bonmots. Und für die Dauer und die Form eines Hörspiels, wie sich zeigte.

Ein Österreicher, wie Gott ihn schuf

Der Kasperl, wie Konrad Bayer ihn gemeint hat, ist ein Österreicher, wie Gott ihn schuf: So g’scheit er ist, so deppert is‘ er. Ein Zerrissener. Ein Elend. Wie himmelhoch dies Elend jauchzen kann, das wissen wir halt auch, das wusste Bayer, das weiß Schuh - wovon wir uns im Hörspielstudio überzeugen konnten, nachdem er Platz genommen und zu lesen begonnen hatte. Kein „Vorlesen“. Dieser Gelehrte wird seinen Duktus, seinen Ton, seinen Rhythmus - auch - für die Dauer der Aufnahme nicht aus den Augen verlieren. Dennoch dieser Sog. Deshalb. Da haben wir sie wieder, die Ambivalenz, jene desoxyribonukleinsaure Ursuppe, aus der, wenn auch sonst nicht viel Schönes, immerhin die Kunst entstanden ist, irgendwie, irgendwann.

Sich dem Hören hingeben

Franz Schuh, der Ausgezeichnete, hob in einer Rede über die Radiokunstgattung Hörspiel die Tätigkeit des Sich-Gedanken-Machens hervor, als er über Menschen sprach, die willens sind, sich mit ihrer Sinnlichkeit und doch mit nur einem Sinn, dem Hören, demselben hinzugeben. Er hat es in so vielen unterschiedlichen Radiostücken getan, jetzt halt auch in all den Glanzrollen von Konrad Bayers „kasperl“. Die verschlungene Tiefe des Textes und Schuhs Vortrag - er las das Ding in einem Zug - ergeben ein besonders schönes Hörvergnügen. Vor allem: Er macht schon wieder nicht nur sich Gedanken, sondern allen, die willens sind und hören.

Die Verwandlung - mehr als nur Interpretation

Die Ö1 Hörspielredaktion wählt seit 1997 die Schauspielerin, den Schauspieler des Jahres. In die engere Wahl kommen jene Darstellerinnen und Darsteller, die bei uns in mehreren Stücken, also mehreren Rollen starken Eindruck hinterlassen haben. Franz Schuh hat die schnellere Methode gewählt, hat sich den Kasperl, den Apollo, den Löwen, „sämtliche Rollen in nur einem Stück“ aufgegaberlt und volé „verwandelt“.

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