Jugendliche mit Smartphones

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Im Chat mit Jesus

Im Internet werden nicht nur Kochrezepte ausgetauscht, Verschwörungstheorien verbreitet und Dates vereinbart - nein: hier wird auch gebetet und Gottesdienst gefeiert. Besonders Jugendliche und junge Erwachsene nutzen das Internet auch für ihre spirituelle Suche.

„Ich glaube, dass die Grenzen zwischen on- und offline verschwinden ist schon auch Teil unserer neuen Normalität.“, sagt Julia Schnizlein, religiöse Influencerin und Pfarrerin in der Lutherischen Stadtkirche in der Dorotheergasse. Für sie zeigt sich deutlich: wer Jugendliche und junge Erwachsene erreichen will, muss auch online präsent sein.

Dem stimmt auch Astrid Mattes, Migrationsforscherin und Leiterin des Forschungsprojekts „Young Believers Online“ zu, weil das Internet der Ort ist, wo Identitätsfragen junger Menschen zunehmend verhandelt werden. YouBeOn erforscht gemeinsam mit jungen Menschen, wie sich Religion in den sozialen Medien abspielt und welche Trends hier erkennbar werden.

Was tun Jugendliche online?

Anders als viele vermuten, nutzen Jugendliche und junge Erwachsene soziale Medien wie Facebook, Instagram und TikTok besonders häufig zum Austausch mit Menschen, die sie auch offline treffen. Das Internet dient so vor allem der Pflege sozialer Kontakte und der Information.

Der neunzehnjährige Jonas zum Beispiel nutzt in der Corona-Pandemie die neuen Online-Angebote auch, um andere Gemeinden kennenzulernen: „Ich nutz gerne - auch jetzt in der Coronazeit einfach auch die Möglichkeit andere Kirchen zu besuchen, ohne dorthin zu fahren und - genau - mal, zu variieren in den Gottesdiensten.“

Darüber hinaus wird im Internet aber auch Persönliches geteilt. Jonas: „Also ich zeig sehr viel vom Pfarrleben und ja von meiner Worship-Band und versuch auch andere mit religiöser Musik abzuholen, in Storys und auch in Beiträgen und auf Youtube lad ich auch manchmal Covers hoch und so.“

Religiöse Inhalte spielen so eine Rolle als „soul food“

Forschungsprojekte wie YouBeOn zeigen dabei, dass Jugendliche sehr genau überlegen, wie sie sich online präsentieren. Deutlich wird auch, dass für gläubige Jugendliche im Internet religiöse Inhalte oft eine besondere Rolle spielen, so Astrid Mattes: „Religiöse Inhalte spielen so eine Rolle als „soul food“ könnte man sagen, als kleine Goodies zwischendurch in einer Welt, die sehr oberflächlich, sehr anstrengend auch oft wahrgenommen wird (…)“.

Sehnsucht nach sozialen Kontakten offline

Die Corona-Pandemie ist für Jugendliche und junge Erwachsene besonders herausfordernd. Gerade in diesem Alter spielen soziale Kontakte eine zentrale Rolle - auch für die eigene Entwicklung.

Die Katholische Jugend der Erzdiözese Wien versucht deshalb auch Alternativangebote zu entwickeln, die auch online soziale Kontakte möglich machen: Online-Vespern zum Beispiel, aber auch eine Online-Segensfeier zum Valentinstag und einen Online-Kreuzweg.

Die Angebote werden sehr gut angenommen, Offline-Begegnungen ersetzten sie aber natürlich nicht, wie auch die fünfzehnjährige Clarissa erklärt: „Ich denk, dass ein Gemeinschaftsgefühl schon entstehen kann - online, aber nicht so wie offline, weil es einfach ein komplett anderes Feeling ist, wenn man auch mit anderen Menschen, also neben ihnen steht oder sitzt und nicht sozusagen auf einen Bildschirm, mit dem man dann spricht.“

Onlineräume und Freiheit

Bei aller Sehnsucht nach offline-Kontakten zeigt sich aber auch, dass Jugendliche in Online-Räumen oft mehr Freiheiten haben, sagt Astrid Mattes: „Viele Jugendliche erzählen uns, dass sie es als sehr gut empfinden, dass sie online sehr selbstbestimmt sind und sich selbstbestimmt ausdrücken können. Das ist sicherlich ein Unterschied zu Offlineräumen, wo viel stärker Erwachsene die Regeln schreiben und nicht nur Erwachsene, sondern vielleicht auch die Mehrheitsgesellschaft, wenn´s um religiöse Minderheiten geht.“ Besonders deutlich wird dies in der Verarbeitung von Diskriminierungserfahrungen, die von Jugendlichen sehr stark online reflektiert und in der Peer Group geteilt werden.

Soziale Medien und die Kirchen

Die Suche von Jugendlichen nach Spiritualität und Begegnung wird auch nach Corona zumindest zum Teil online stattfinden. Auch aus diesem Grund, sollten Kirchen online präsent sein, findet Julia Schnizlein: „Jesus Christus hat uns ja aufgetragen: geht hinaus in alle Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen. Die Welt ist einfach heute um diesen digitalen Bereich erweitert. Die Jugendlichen verbringen mehrere Stunden am Tag in der digitalen Welt. Wenn wir als Kirchen sagen: Dort wollen wir nicht vertreten sein, dann schließen wir uns selbst von einem Bestandteil unserer heutigen Welt im 21. Jahrhundert aus. Das fände ich schade. Ich glaube nicht, dass wir so dem Auftrag Jesu Christ gerecht werden.“

Gestaltung: Irene Klissenbauer

Service

https://www.youbeon.eu/Young Believers online
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