APA/CLARA WILDBERGER
Bachmannpreis
TddL-Siegertext von Nava Ebrahimi
Die im Iran geborene und in Graz lebende Autorin Nava Ebrahimi ist Sonntagvormittag bei der virtuell gehaltenen Preisverleihung mit dem 45. Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet worden. Sie setzte sich mit ihrem Text "Der Cousin" im Stechen gegen die Deutsche Dana Vowinckel durch.
18. Juli 2021, 02:00
1978 wurde Nava Ebrahimi in Teheran geboren, seit 2012 lebt sie in Graz. Im Alter von drei Jahren kam Nava Ebrahimi mit ihren vor dem radikalislamischen Regime im Iran flüchtenden Eltern nach Köln. Ihre gesamte Schullaufbahn absolvierte sie in Deutschland, oft als einzige Ausländerin in der Klasse. Sie studierte Volkswirtschaftslehre und Journalismus an der Universität Köln und arbeitete danach unter anderem als Redakteurin bei der "Financial Times Deutschland" und der Kölner "StadtRevue" sowie als Nahostreferentin für die deutsche Außenwirtschaftsförderung.
2017 wurde sie für ihren Roman "Sechzehn Wörter" beim Österreichischen Buchpreis mit dem Debütpreis ausgezeichnet, 2020 veröffentlichte sie ihren zweiten Roman, "Das Paradies meines Nachbarn".
Der mit 12.500 Euro dotierte Deutschlandfunk-Preis ging schließlich an Dana Vowinckel, die Ebrahimi beim Hauptpreis im Stechen unterlegen war. Der Kelag-Preis (10.000 Euro) ging an den in Berlin lebenden Autor und Theatermacher Necati Öziri, der zudem auch den per Internet-Voting ermittelten BKS-Bank-Publikumspreis in der Höhe von 7.000 Euro und das damit verbundene und mit 5.000 Euro dotierte Klagenfurter Stadtschreiberstipendium erhielt. Der Deutsche Timon Karl Kaleyta setzte sich gegen Anna Prizkau im Stechen um den 3sat-Preis (7.500 Euro) durch.
ORF/PETRA HAAS
Am Samstag, dem letzten Lesetag der 45. Tage der deutschsprachigen Literatur macht die von Neo-Jurorin Mara Delius nominierte deutsche Autorin Dana Vowinckel den Auftakt. Es folgen die Lesungen von Timon Karl Kaleyta, Nava Ebrahimi und Nadine Schneider. Noch sind alle Chancen offen, einzig Necati Öziri hat sich am ersten Lesetag mit seinem Text „Morgen wache ich auf und dann beginnt das Leben“ als Favorit hervorgetan.
Gut, deftig, würzig - kann man über den heurigen Jahrgang sagen. Nicht, weil neue Themen verhandelt werden, sondern wegen der Art und Weise wie sie angepackt werden: fragmentarisch, mit ungewöhnlichen Figuren oder mit einem eigenen Tonfall. Die Experimente gelingen nicht immer, aber allein, dass sie stattfinden, macht den Wettbewerb besonders spannend.
Eine Engelsgestalt, die auch Prostituierte sein könnte, die Rede eines Sterbenden an seinen abwesenden Vater oder eine tote Frau im Wald. Der erste Tag beim Bachmann-Wettbewerb brachte eine Vielzahl an Themen, Figuren und Stimmen.
Eröffnet hat den Lesereigen die Schweizerin Julia Weber, gefolgt von der Deutschen Heike Geißler, dem ebenfalls aus Deutschland stammenden Dramatiker Necati Öziri und der ersten österreichischen Teilnehmerin Magda Woitzuck. Auffällig war der scharfe Ton, der in der Jury von Anfang an herrschte und auch vor Polemiken nicht Halt machte.
14 Autoren und Autorinnen haben ihre Lesungen bereits auf Video aufgenommen. Publikum ist wie schon im Vorjahr keines zugelassen. Es ist bereits pandemiebedingt der zweite virtuelle Bewerb. Eine spannende Neuerung war aber möglich: Die Jury diskutiert vor Ort. Die Veranstaltung mündet am Sonntag in die Vergabe des prestigeträchtigen, mit 25.000 Euro dotierten Bachmann-Preises.
Die "Klagenfurter Rede zur Literatur" hielt am Eröffnungsabend der langjährige Juryvorsitzende Hubert Winkels, der die Jury verlassen hat. Neu in dem siebenköpfigen Gremium sind die österreichische Autorin Vea Kaiser und die deutsche Literaturwissenschafterin Mara Delius. Neue Vorsitzende ist Insa Wilke. Am Abend wird auch die Auslosung der Lesereihenfolge vorgenommen.
Viele tolle Sätze sind heute gefallen, wir haben für euch heute die Ohren gespitzt:#tddl pic.twitter.com/42dw2PcIZG
— Bachmannwettbewerb (@tddlit) June 17, 2021
Unter den fünf Männern und neun Frauen, unter denen neben dem Bachmann-Preis auch der Deutschlandfunk-Preis (12.500 Euro), der Kelag-Preis (10.000 Euro), der 3sat-Preis (7.500 Euro) sowie der BKS Bank-Publikumspreis (7.000 Euro plus Stadtschreiberstipendium) vergeben wird, befinden sich mit Nava Ebrahimi, Katharina Ferner, Verena Gotthardt, Fritz Krenn und Magda Woitzuck fünf Teilnehmer aus Österreich. Sieben Autorinnen und Autoren kommen aus Deutschland, zwei aus der Schweiz. Die Lesungen und die Preisvergabe werden wie immer auf 3sat live übertragen.
Text: APA/Red., Audios: ORF