
Oksana Lyniv - WERNER KMETITSCH
Bayreuther Festspiele
Oksana Lynivs "Holländer"
Durchaus spät im Vergleich zu anderen großen und internationalen Kulturinstitutionen ist es in diesem Sommer endlich auch bei den Bayreuther Festspielen so weit: Erstmals in der langen Geschichte des traditionsreichen Wagner-Festivals wird eine Frau das Festspielorchester leiten. Für die neue Produktion des "Fliegenden Holländers" zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele wurde die aus der Ukraine stammende Oksana Lyniv verpflichtet.
15. September 2021, 12:00
Von 2017 bis 2020 war sie die Chefdirigentin der Oper Graz und des Grazer Philharmonischen Orchesters. Und nicht nur in der Steiermark hat sie Jubelkritiken für ihre musikalischen Gestaltungen erhalten, sondern auch an den Staatsopern von München und Berlin, im Theater an der Wien oder in Barcelona, wo sie bereits 2017 Richard Wagners "Fliegender Holländer" einstudiert und zur wirkungsvollen Aufführung gebracht hat.
Neben Oksana Lyniv am Dirigentinnenpult gibt die immer wieder als großartige Sänger-Darstellerin gefeierte Sopranistin Asmik Grigorian in der Rolle der Senta ihr Debüt auf dem "Grünen Hügel" von Bayreuth, und erstmals ebendort ist der aus Moskau stammende, immer wieder für besondere Sichtweisen einerseits gefeierte, oft aber auch herb kritisierte Dmitri Tcherniakov für Regie und Bühnenbild verantwortlich.
Eine pausenlose Ballade
Richard Wagner hat seinen "Fliegenden Holländer" unter dem Eindruck einer stürmischen Schiffsreise (1839, auf der Flucht vor Gläubigern!) komponiert. Das Werk wird gemeinhin als das erste Musikdrama des Tonschöpfers bezeichnet, als die Oper, in der er erstmals zu seinem ganz eigenen Stil gefunden hat, selbst wenn er hier noch musikalisch der romantischen Oper verpflichtet ist und am traditionellen Nummernschema festgehalten hat; allerdings gehen die meisten der einzelnen Nummern fließend ineinander über. Und es gibt bereits die für Wagner typischen Leit- oder Erinnerungsmotive.
Im Jänner 1843 ist das Werk unter der persönlichen Leitung des Komponisten in Dresden zur Uraufführung gekommen, im Königlichen Hoftheater, wo im Jahr zuvor auch Wagners "Rienzi" erstmals über die Bühne gegangen war - die frühere Oper aber mit weit größerem Erfolg als das Folgewerk. Den beim Publikum damals beliebteren Rienzi, wie auch die zwei davor entstandenen Opern "Das Liebesverbot" und "Die Feen" wollte aber der Komponist, der immer auch sein eigener Textdichter war, nicht im 1876 eröffneten Bayreuther Festspielhaus aufgeführt wissen; der sogenannte Bayreuther Kanon, jene zehn Wagner-Opern, die immer wieder auf dem "Grünen Hügel" präsentiert werden, beginnt erst mit dem "Fliegenden Holländer".
Allerdings ist diese romantische Oper in drei Aufzügen als letzte in das Bayreuther Repertoire aufgenommen worden - erst 1901 wurde sie erstmals bei den Festspielen in Szene gesetzt, damals, wie von Wagner gewünscht, als "pausenlose Ballade".