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NICK ASH

Ohr und Tresor

Danh Vo in der Wiener Secession

Der Künstler Danh Vo flüchtete im Säuglingsalter mit seinen Eltern aus Vietnam nach Dänemark. In seiner Arbeit beschäftigt er sich immer wieder mit der politischen Geschichte seiner Heimat, aber auch mit der Flüchtlingsgeschichte seiner Familie. In einem Großprojekt hat er aber auch schon eine Kopie der Freiheitsstatue anfertigen lassen.

So hat man den Hauptraum der Secession noch selten erlebt. Keine zusätzlich eingezogenen Wände, die bestehenden Wände sind leer, durch die ansonsten verstellten Glastüren, fällt der Blick ins Freie. "Die Secession ist ein bedeutungsschwerer Ort", sagt Danh Vo, "weil sie der erste White Cube der Kunstgeschichte war. Dieser - nach außen hin abgeschlossene Raum - sollte die Erhabenheit und Größe der Kunst betonen. An die glaube ich aber nicht, und deshalb beschloss ich den Raum so umzustülpen, dass sein Skelett sichtbar wird."

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Das Ohr der Freiheit

Danh Vo bespielt dieses "Skelett" des Ausstellungsraums mit verschiedenen Inseln. Gleich rechts ist ein riesenhaftes Ohr aus Kupferblech zu sehen. Eine Eins-zu-eins-Nachbildung des Ohrs der Freiheitsstatue. Sie ist Teil von Danh Vos Projekt "We the People", also "Wir das Volk".

Damals ließ er in Shanghai das New Yorker Monument vollständig nachbilden. "Ich wollte eine riesenhafte Skulptur machen", erzählt Danh Vo, "einfach, weil das keiner von mir erwartete und ich gerne Erwartungen unterlaufe. Aus dieser an sich kindischen Idee wurde aber mehr als ich erfuhr, dass die so bedeutungsschwere Freiheitsstatue eigentlich nur aus zwei Millimeter starken Kupferplatten zusammengefügt ist, die von einer Konstruktion gehalten werden. Das stellte für mich einen Widerspruch dar und ich mag es, mit Widersprüchen zu arbeiten."

Danh Vos Freiheitsstatue bestand aus etwa 300 Segmenten, doch statt sie zusammenzufügen, hat Danh Vo sie um die ganze Welt verstreut. "Vorgekommen bin ich mir damals", so Danh Vo, "wie Doktor Frankenstein, weil ich einem Geschöpf neues Leben eingehaucht habe und es sich dann selbständig gemacht hat."

Der leere Tresor

Immer wieder beschäftigt sich Danh Vo mit der Geschichte seiner Familie. 1975 verließen sie als Bootsflüchtlinge Vietnam und kamen durch Zufall nach Dänemark. In der Ausstellung ist ein alter Tresor zu sehen.

"Mein Vater stellte sich das Leben im Westen voller Glanz und Luxus vor", erzählt Danh Vo. "Für ihn gehörten dazu ein Mercedes und ein Tresor. Der Mercedes, den er kaufte, war ein ausrangiertes Taxi und den Tresor kaufte er, obwohl wir nie viel Geld hatten. So stand in unserer Wohnung ein leerer Tresor, diese Arbeit stammt also direkt aus meinem persönlichen Leben."

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Der Nomade wird sesshaft

Mit Ausstellungen bei der Biennale in Venedig, im New Yorker Guggenheim Museum, oder in Singapur hat Danh Vo lange Jahre das typische Nomadendasein des erfolgreichen zeitgenössischen Künstlers geführt. Jetzt in der Ausstellung finden sich zahlreiche Fotografien von Blumen, darunter in Kalligrafie die lateinischen Pflanzennamen.

"Zum Gärtnern kam ich", erzählt Danh Vo, "weil ich einen alten Hof außerhalb Berlins als Atelier bezog. Vor vier Jahren war ich noch jemand, der Angst vor Regenwürmern hatte, doch mit der Arbeit im Garten merkte ich, dass mir, was Vögel oder Pflanzen betraf, jegliches Wissen fehlte. Was ich wusste, waren die Namen irgendwelcher Museumsdirektoren, Ausstellungskuratoren oder Sammler. Da läuft etwas falsch, dachte ich, und nahm mir vor, umzulernen und da bin ich gerade dabei."

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Karten neu gemischt

Danh Vo hinterfragt das vorherrschende Effizienzdenken in sich und der Welt, und meint, da gehören die Karten neu gemischt, damit wir merken was wirklich wichtig ist. "Was bestimmt, ob etwas nützlich oder funktionell ist? Warum ist das eine Ding schöner als das andere? Da geht es um Konstrukte, die wir in Frage stellen müssen", sagt Danh Vo. "Da müssen die Karten neu gemischt werden, denn nur so erkennen wir, was wir wirklich brauchen."

Service

Sezession - Danh Vos Arbeiten sind bis zum 17. November 2021 zu sehen.
Guggenheim - Danh Vo
universes in Universe - Danh Vo

Gestaltung

  • Wolfgang Popp