Mitarbeiter eines Pfandhauses zählt Geld

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Journal-Panorama

Die Pfandleihe: Das Geschäft mit dem schnellen Geld

Das Pfandleihgeschäft hat nicht den glanzvollsten Ruf und ist meist ein Tabuthema. Denn kaum jemand spricht gerne über Geldprobleme und daher ist auch der Weg ins "Pfandl" oftmals mit Scham verbunden. Doch was steckt hinter diesem jahrhundertealten Gewerbe - und ist es für jede Person, die sich in finanziellen Nöten befindet, geeignet?

Das Prinzip des Pfandleihgeschäfts ist relativ simpel: Der Kunde bringt einen Wertgegenstand zur Begutachtung ins Pfandhaus, woraufhin ein unverbindliches Angebot erstellt wird. Wird dieses akzeptiert, werden dem Kunden ein Pfandschein und der zuvor festgelegte Darlehensbetrag übermittelt. Der Wertgegenstand verbleibt im Pfandhaus für den vereinbarten Zeitraum - meist handelt es sich dabei um ein paar Monate. Sind diese verstrichen und der Kunde zahlt den Betrag des Darlehens inklusiver Zinsen und Gebühren nicht zurück, kommt der Wertgegenstand zur Versteigerung. Dies darf frühestens nach einem Monat bzw. spätestens nach sechs Monaten nach Ablauf des Fälligkeits-Zeitraums vonstattengehen. Wird bei der Versteigerung des Wertgegenstandes ein Überschuss erzielt, bekommt der Kunde diesen ausbezahlt.

Leihhaus

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Freies Gewerbe mit Gütesiegel

Da das Pfandleihgeschäft ein freies Gewerbe ist, ist lediglich eine Genehmigung von der Wirtschaftskammer notwendig. Vor Tätigkeitsbeginn muss eine Geschäftsordnung inklusiver aushangpflichtiger Tarifordnung bewilligt werden.

Dieser Umstand stößt bei Bernhard Sell von der Schuldnerberatung Wien auf Kritik. Pfandleihen betreiben „ohne Bankkonzession dasselbe Geschäft wie Banken, unterliegen aber nicht einmal dem Verbraucherschutzgesetz.“ Das beinhalte etwa das Rücktrittsrecht von Verträgen oder das Ausweisen von Zinssätzen, erklärt Sell. Es bleibe unklar, wie hoch der effektive Zinssatz und die Gesamtbelastung eigentlich sei.

Die Abgrenzung des Pfandleihergewerbes vom Bankgewerbe verläuft laut Wirtschaftskammer dahingehend, dass es sich um die Vergabe eines Darlehens handelt, für das dem Pfandleiher keine andere Sicherheit als die verpfändete Sache eingeräumt wird. Es haftet somit nicht die Person selbst, sondern das Pfand. In Österreich können Pfandleiher seit Jänner 2015 den „Standes- und Ausübungsregeln für Pfandleiher“ freiwillig beitreten, wodurch sie sich einerseits zur Einhaltung dieser Regeln und andererseits zur Zusammenarbeit mit der Ombudsstelle des Fachverbandes Finanzdienstleister verpflichten. Für den Konsumenten sind Mitglieder anhand des Gütesiegels des Fachverbandes Finanzdienstleister erkennbar.

Das „Pfandl“ 2.0

Wie so viele Wirtschafts- und Lebensbereiche hat die Digitalisierung auch das Pfandleihgeschäft erfasst. Das Dorotheum bietet etwa eine Pfand-App an, mit der man den Pfandschein online verlängern kann. Beim Start-up Cashy kann man das gesamte Geschäft im Internet abwickeln: Informationen zum Wertgegenstand werden vom Kunden online übermittelt, dieser bekommt im Gegenzug ein Angebot. Stimmt er diesem zu, kann der Wertgegenstand per Post oder Bote verschickt werden, das Darlehen wird überwiesen.

Bernhard Sell von der Schuldnerberatung Wien sieht in den Online-Pfandleihen dahingehend einen Vorteil, dass sich der Kunde die gesamte Zinsen- bzw. Kostenbelastung zuhause genau anschauen und durchrechnen kann. Beim persönlichen Austausch im Pfandhaus könne man das oftmals nicht nachvollziehen, da Zinssätze etwa pro Monat oder pro Tag ausgeschrieben sind und man diese noch auf das jeweilige Angebot umrechnen müsse.

Klar ist: Pfandhaus ist nicht gleich Pfandhaus. Vom Start-up Cashy über das Traditionshaus Dorotheum bis hin zum kleinen Familienbetrieb - so unterschiedlich die Anbieter, so unterschiedlich ist auch die Kundschaft.

Auswirkungen der Pandemie

Denn nicht nur - dem Klischeebild entsprechend - mittellose Menschen kommen ins Pfandhaus, auch Unternehmer, Selbstständige und eigentlich gut situierte Menschen greifen auf die Möglichkeit zurück, einen finanziellen Engpass mithilfe eines Pfandkredits zu überbrücken. Vor allem in der Pandemiezeit hätten sich die Kunden verändert, erzählt Sheela Ajellou vom Juwelier-Leihhaus im 3. Wiener Gemeindebezirk. Darunter waren etwa Unternehmer mit vielen Angestellten, die auf staatliche Hilfsförderungen gewartet haben und bis zu deren Auszahlung auf Pfandkredite setzten. Oder Personen, die plötzlich in Kurzarbeit waren und ihre Kreditraten nicht mehr zahlen konnten. In dieser Zeit waren die Belehnungen auch höher, da teurere Wertgegenstände als Pfand eingesetzt wurden, so Ajellou.

Im Dorotheum wiederum wurden während des Lockdowns vor allem Wertgegenstände ausgelöst. Als die Geschäfte wieder öffneten, stieg auch das Interesse am Pfand-Darlehen, schildert Pfand-Bereichsleiter Michael Holubowsky. Das Traditionshaus mit österreichweit 27 Filialen beschreibt das Pfandgeschäft als Dienstleistung für Optimisten und verweist darauf, dass 90 Prozent aller Pfänder wieder ausgelöst werden.

Ähnliche Erfahrungen wie das Juwelier-Leihhaus im 3. Wiener Gemeindebezirk machte auch Pfandleiherin Karin Meier-Martetschläger. Zu ihr kamen Gewerbetreibende, die ihren ganzen Fuhrpark versetzten und diesen wieder auslösten, als die staatlichen Hilfsgelder ausgezahlt wurden.

"Am Anfang waren wir der Retter in der Not. Weil die Hilfsgelder viel zu langsam gekommen sind haben die Gewerbetreibenden ihre Fuhrparks versetzt. Die haben drei, vier Monate ihren Fuhrpark bei mir eingestockt, das ist aber wieder ausgelöst worden. Wenn sie arbeitslos sind darf ihnen die Bank auf Grund der Regulatoren kein Geld geben. Weil sie nicht darstellen können wie sie ihren Kredit zurück zahlen. In der Pfandleihanstalt haftet dagegen nicht die Person, sondern immer nur das Pfand", sagt die Pfandleiherin Karin Meier-Martetschläger.

Hohe Zinsbelastung: AK und Schuldnerberatung warnen

Bei der Schuldnerberatung Wien ist man hinsichtlich des Pfandleihgeschäfts eher zurückhaltend und streicht viel mehr die hohe Zinsbelastung bei einem Pfand-Darlehen hervor. Werden die Zinssätze auf ein Jahr gerechnet, komme man auf ein Ergebnis von über 20 Prozent, so Bernhard Sell. Darunter hätte man noch keinen Anbieter gesehen. Oftmals würden die Zinsen pro Jahr auch zwischen 30 und 50 Prozent liegen, so der Experte von der Schuldnerberatung.

"Wir warnen vor allen Möglichkeiten in denen man den Überblick über seine finanzielle Situation verlieren kann. Dazu gehören Konotüberzüge, viele Kleinkredite und Kreditaufnahmen die auf Ziel gerichtet sind. Also Kredite bei denen ich die Ware oder Dienstleistung sofort bekomme und erst später bezahlen muss. Bei der Pfandleihe steht eine extrem hohe Zinsbelastung im Hintergrund", sagt Bernhard Sell von der Schuldnerberatung.

Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat im Mai 2020 ein Rechnungsbeispiel für eine Online-Verpfändung beim Dorotheum und bei der eBörse veröffentlicht. Als Pfand wurde eine Uhr mit 500 Euro Belehnungswert für einen Entlehndauer von drei Monaten herangezogen. Das Ergebnis laut AK Oberösterreich: Unter Berücksichtigung aller mit der Verpfändung anfallenden Belastungen und dem Postversand des Pfandes beträgt der tatsächlich zur Verfügung stehende Betrag bei Verpfändung 448,20 Euro beim Dorotheum. Bei der eBörse sind es 400 Euro. Daher rät die Arbeiterkammer Oberösterreich dazu, anfallende Gebühren vorab zu klären, dies schriftlich festzuhalten und keine telefonischen Pfandgeschäfte abzuschließen.

Vergleichen lohnt sich

Bei einem Vergleichstest der Arbeiterkammer im Jahr 2015 wurden 12 Pfandleihunternehmen eine Goldbrosche und ein Laptop angeboten, wobei fünf Pfandleiher die Gegenstände als Pfand akzeptierten. Im Gegensatz zur Goldbrosche, die gerne entgegengenommen wurde, gestaltete sich dies beim Laptop als schwieriger – und auch bei der Bewertung schnitten die Wertgegenstände unterschiedlich ab, erzählt Gabriele Zgubic-Engleder, Konsumentenschützerin der Arbeiterkammer. „Der Wert der verpfändeten Goldbrosche wurde zwischen 70 und 120 Euro bewertet, das Notebook erhielt einen Schätzpreis von 75 und 145 Euro.“ Die Konsumentenschützerin empfiehlt daher, sich verschiedene Angebote einzuholen und sich nur an Pfandleihunternehmen zu wenden, die das Gütesiegel des Fachverbandes Finanzdienstleister aufweisen.

Auch Pfandleiherin Karin Meier-Martetschläger, die Berufsgruppensprecherin für die Wirtschafskammer Wien ist, rät dazu, wie bei jedem Kauf oder Verkauf mehrere Angebote zu prüfen. Und sie betont, dass ein Pfanddarlehen nur als kurzfristige Überbrückungshilfe für Liquiditätsengpässe dienen könne, auf lange Sicht gesehen ein Pfanddarlehen aber zu teuer sei.

Die Wirtschaftskammer bietet zudem eine Checkliste für Konsumenten an, die über den Ablauf eines Pfandgeschäfts informiert und zeigen soll, was vor Abschluss zu beachten ist.

Gestaltung: Lena Hager

Service

Berechnungsbeispiel der AK OÖ
Wirtschaftskammer - Checkliste für Konsumente zur Pfandleihe