Jane Campion

Jane Campion - AP/DOMENICO STINELLIS

Diagonal

Screen on. Stream on? Die Zukunft des Kinos

Wann waren Sie zum letzten Mal im Kino? In Wien jedenfalls liefert die Viennale - das Festival des internationalen Films gerade seine zweite Ausgabe im Corona-Zeitalter. Doch es war längst nicht die erste Pandemie, oder die letzte Krise, die das Kino zu überwinden hatte.

1918 hat die Spanische Grippe das gesamte Filmbusiness in den USA lahmlegt. Die großen Studios - Paramount, MGM, Universal - haben daraufhin beschlossen, Film zukünftig nicht mehr nur zu produzieren, sondern auch selbst zu verleihen und in eigenen Kinos vorzuführen. Hollywood als kapitalistische Cash Cow war geboren.

Auf das Streben nach Macht folgt der Verlust von Kontrolle. Die Geschichte Hollywoods liest sich selbst wie ein gut geschriebenes Melodram. In den 1960er Jahren hatten die jungen, wilden Filmschaffenden genug vom sogenannten “Studio System”. Sie wollten hinaus auf die Strassen von New York, in die Hinterhöfe der suburbs und auf dem Highway Number One der Freiheit entgegenrasen. “New Hollywood” - das unabhängige Filmemachen als Konzept der Gegenkultur - hat das Kino auch in Europa nachhaltig verändert.

Und heute? Killen Netflix, Amazon und Disney+ tatsächlich die Movie Stars? Die Oscar-gekrönte Regisseurin Jane Campion (“Das Piano”, 1993) hält viel von der Streaming-Revolution. Zwölf Jahre lang wurde ihr kein Spielfilm finanziert. Nun produziert Netflix ihren aktuellen Western „The Power of Dog“.

"Netflix hat mir eine Gelegenheit und so viel Budget wie niemand zuvor gegeben. Ich konnte meine Vision vollständig verwirklichen. Netflix ist für mich wie die Medicis. Sie schätzen den Wert von Filmkunst. Aber natürlich: ich lieb das große Kino und habe noch immer den großen Wunsch, dem Kino meine Inspiration zurückzugeben, das es mir anfänglich vermittelt hat." Jane Campion

Kino, das ist das: gemeinschaftliches Erleben. Aber muss man dafür ein “Lichtspielhaus” besuchen? Ist nicht auch in der virtual reality eine Gemeinschaft entstanden? Bietet Tik Tok nicht auch eine community? Und findet kollektives Erleben nicht auch im Ausstellungsraum statt?

Archivregale

Filmarchiv Austria

ORF/MATTHIAS DÄUBLE

Kino ist auch: unser kollektives Gedächtnis. Über 200.000 Filmrollen werden im Filmarchiv Austria aufbewahrt. Mit großer Sorgfalt wird dort unser audiovisuelles Erbe digitalisiert und ins 21. Jahrhundert getragen. Das dafür dringend benötigte Film Preservation Center ist allerdings Zukunftsmusik. “Hier orten wir derzeit keine große politische Unterstützung“, erklärt der Direktor des Filmarchivs, Ernst Kieninger. Welchen kulturpolitischen Stellenwert hat das Kino als Kunstform in Österreich? Michael Loebenstein, Direktor des Österreichischen Filmmuseum ist im Diagonal-Studio zu Gast.

Michael Löbenstein

Michael Löbenstein im Funkhaus

ORF/ISABELLE ORSINI-ROSENBERG

"Kino ist für mich sowohl ein konkreter Ort als auch eine spezifische Form künstlerisch zu erzählen. Kino ist der wichtigste, gesellschaftliche Ort seit beinahe 200 Jahren gemeinsame Erlebnisse zu haben, neben vielleicht dem Sportstadium und der Kirche." Michael Loebenstein

Erstmals wurde heuer der “Österreichische Kinopreis” verliehen. Der Hauptpreis für “herausragende Programmarbeit” ging an “Das Kino” in der Altstadt von Salzburg. Seit 2017 wird das arthouse-Kino von Renate Wurm geleitet. Im Sommer fährt sie außerdem mit dem „Mobilen Kino“ durch die Provinz.

"Wir haben “Bohemian Rapsody” gezeigt, in Köstendorf, das ist ein nicht sehr großer Platz. Und es war das ganze Dorf, mit allen umliegenden Leuten, knallevoll. Der Wirt hat noch die letzten Bierbänke dahergebracht, damit alle den Film anschauen können. Und seither sind sie total begeistert, weil das eine gute Dorfstimmung macht." Renate Wurm

Kino kann auch groß und laut sein. Hallen füllen und unter freiem Himmel stattfinden. Waren Sie schon einmal in Indien im Kino? Oder in Kambodscha?

Diagonal feiert das Kino. Trotz seines massiven Wandels, gerade wegen seiner (Um)Brüche. Mit Beiträgen von Dominique Gromes, Christian Fuchs, Thomas Miessgang und Roman Tschiedl.

Gestaltung

  • Petra Erdmann