Publikum im Kinosaal

APA/HERBERT NEUBAUER

Film Gender Report

Braucht Film Quote?

Unter diesem Titel ist heute Vormittag der zweite österreichische "Film Gender Report" präsentiert worden. Untersucht wurde die öffentliche Filmförderung zwischen 2017 und 2019 in der Höhe von 150 Millionen Euro, vergeben von elf Förderstellen. Das Ergebnis ist eindeutig: Je höher die Fördersummen sind, desto geringer der Anteil der von Frauen verantworteten Projekte. Und umgekehrt: Je höher der Frauenanteil ist, desto geringer sind die Budgets.

Mit Blick auf die zentralen Departments Regie, Drehbuch und Produktion wurden in Kino- und Fernsehförderung zusammengenommen nur 25 Prozent der gesamten Mittel an Frauen vergeben. Und vom Nachwuchsbereich hin zur etablierten Filmproduktion sinkt sowohl die Zahl der Projekteinreichungen von Frauen als auch die der zugesagten Budgets.

Nur 25 Prozent der Fördermittel für Frauen

"Noch immer erhalten Männer einen größeren Teil der Filmförderung, sie erhalten die höheren Fördersummen und sind in jenen Arbeitsbereichen überrepräsentiert, die mit Macht und Anerkennung verbunden sind", sagt Paul Scheibelhofer von der Universität Innsbruck, Leiter der vom Österreichischen Filminstitut (ÖFI) in Auftrag gegebenen Studie.

Forderung nach Quote

Die präsentierten Zahlen würden die Stimmung in der heimischen Filmbranche "ausgezeichnet widerspiegeln", kommentiert Filmemacherin Sabine Derflinger, die sich für eine Frauenquote in der Fördermittelvergabe ausspricht: "Wir wollen ja nicht ewig warten, bis es Geschlechtergerechtigkeit gibt." Zwar ist diese in den letzten Jahren gestiegen, doch diese Entwicklung gehe von einem niedrigen Niveau aus, betont Scheibelhofer. Gesetzte Maßnahmen würden greifen, aber nicht ausreichen: "Darauf zu warten, dass sich die Situation verbessert, ist sicher nicht der richtige Weg. Wobei die Quote ein möglicher Ansatz ist."

Die Frage der Gender-Gerechtigkeit ist kein privater Verteilungskampf

Zudem müsse ein Fokus etwa auf Familienfreundlichkeit - Stichwort Kinderbetreuungsmöglichkeiten - am Set gelegt werden, und es brauche verstärkt Maßnahmen wie das vom ÖFI 2017 eingeführte "Gender Incentive", bei dem es zusätzliche Fördermittel für einen höheren Frauenanteil in einzelnen Stabsstellen gibt - und das gerade in männlich dominierten, technischen Departments wie Licht oder Tonschnitt Wirkung zeigt.

Besetzung beeinflusst auch die Inhalte

"Es geht um die Menschen hinter der Kamera, aber auch um die Inhalte", sagt Derflinger mit Blick auf eines der überraschendsten Ergebnisse des Reports, wie auch Iris Zappe-Heller, Gender und Diversity Beauftragte des ÖFI, unterstreicht. Die Besetzung der Kernteams beeinflusst die Besetzung der anderen Stabsstellen und hat auch Einfluss darauf, was wie erzählt wird. "Wir haben erstmals zwölf österreichische Kinofilme auch qualitativ analysiert und da ist ganz klar herausgekommen, dass weibliche Teams differenziertere Frauenbilder zeigen, pluralere Gesellschaftsbilder, mehr Diversität und weniger Diskriminierung."

Weibliche Teams zeigen mehr Diversität, weniger Diskriminierung

Das ÖFI hat erst im April ein "Gender Budgeting" eingeführt, das zwar keine starre Quoten-Regelung vorsieht, aber einen sanften Übergang zu einer neuen Förderpraxis mit dem Ziel 50:50 im Jahr 2024 gewährlisten soll. Ein "ambitioniertes Ziel" das "vielleicht" erreichbar ist, so Paul Scheibelhofer. Iris Zappe-Heller bleibt optimistisch: "Wenn die Branche erfährt, dass wir darauf achten, Projekte mit einem weiblichen Kernteam verstärkt zu fördern, dann kommen auch mehr Anträge. Das sehen wir an den Zahlen. Manchmal ist schon die Ankündigung einer Quote Anlass, dass sie funktioniert."

Eine Ankündigung, die wirkt und die eine Debatte verstärkt, in der es über die Filmbranche hinaus ein Umdenken brauche, so Sabine Derflinger: "Es muss klar sein, dass die Frage der Gender-Gerechtigkeit kein privater Verteilungskampf ist. Das hat eine gesellschaftspolitische Bedeutung. Und Österreich ist da sehr, sehr rückschrittlich." Was der zweite österreichische "Film Gender Report" noch zeigt: mehrheitlich von Frauen verantwortete Filme werden öfter auf Festivals eingeladen und auch öfter mit Preisen ausgezeichnet.

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