Ausschnitt des Buchcovers, Bild eines jungen Mannes, Anfang des 20. Jahrhunderts

EDITION LEX LISZT 12

"Studiert, das hätte ich am liebsten"

Ungewöhnlicher Tausch

Hans-Peter Treiber hat mit 75 Jahren sein erstes Buch mit dem Titel "Studiert, das hätte ich am liebsten" veröffentlicht. Es handelt von seinem Vater Johann, geboren 1910 im damals westungarischen Ort Dörfl.

Johann Treiber (1910 bis 1992) wächst in einer jahrhundertealten Bauernfamilie auf, kann aber als zweitgeborener Sohn weder Haus noch Hof erben. Mit 23 Jahren heiratet er und führt nebenbei eine kleine Landwirtschaft. Erhalten sind Johann Treibers Kassabücher, die er über 50 Jahre lang geführt hat. Seine darin erhaltenen Notizen bilden die Grundlage für Hans-Peter Treibers Buch.

"Mein Vater hatte die Hoffnung, er wird was machen aus seinem Leben - das geht schon. Er will nur ein Bauer werden, und das ist ihm auch gelungen", erzählt der spätberufene Autor.

Illegaler Tauschhandel - für die Mutter unangenehm, für Vater kein Problem

Der Vater habe mit dem Tauschhandel begonnen, teils sei auch die Mutter mitgegangen: "Die beiden sind im Winter zum Beispiel durch Oberösterreich gegangen und haben Blattfedern verkauft. Illegal, muss man dazu sagen", betont Hans-Peter Treiber. "Sie fürchteten sich auch vor der Gendarmerie. Für meine Mutter war das sehr unangenehm, dass sie so etwas Illegales macht. Für meinen Vater war das kein Problem. Das war einfach diese Möglichkeit, zu Geld zu kommen".

Vorteil: Bauer

Im Sommer mussten sie ihre sehr kleine Landwirtschaft mehr oder weniger aufrechterhalten. Vom Tauschhandel kommt es schließlich zu einer anderen Art des Tausches, über den viele in Johann Treibers Umgebung den Kopf schütteln. Für Vater Johann aber geht ein Traum in Erfüllung.

Sie tauschten alles, bis auf den Namen

"Er hat da etwas gemacht - das habe ich fantastisch gefunden. Auch für mich war es sehr reizvoll: Er hat sich gleichsam die Identität eines Bauern erkauft. Er hat einen anderen Bauern, der ihn um Hilfe gebeten hat, den Vorschlag gemacht, mit ihm alles zu tauschen. Sowohl das Haus als auch die Gründe, gerade den Namen nicht, aber sonst haben sie alles getauscht."

Der Vater bezahlte auch die Schulden des Mannes. Hans-Peter Treiber: "Er hat nur den einen Vorteil, dieser Karl Stifter aus Dörfler, dass er ein Bauer war, sonst hatte er nichts."

Buchcover

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Dank Notizen kennengelernt

Es folgten die Jahre des Zweiten Weltkriegs. Auch hier beweist Johann Treiber Geschick. Er schaffte es, sich bei der Musterung zweimal untauglich zu stellen. Nach der dritten Musterung muss er aber doch in den Krieg ziehen. In dieser Zeit schreibt er seine Frau täglich Briefe, von denen heute nur noch drei erhalten sind. Dafür sind Johann Treibers Kassabücher, die er über 50 Jahre lang geführt hat, noch erhalten.

Diese und die darin entdeckten handschriftlichen Notizen bilden die Grundlage für Hans-Peter Treibers Buch "Studiert, das hätte ich am liebsten". "Ein paar Zeilen, die er meistens an das Ende seiner Bemerkungen über die Einnahmen und Ausgaben geschrieben hat. Oft nur drei, vier Sätze, aber das ist für mich das interessante Bild. Das zeigt genau, wo er im Leben gestanden ist, was er erreichen wollte, was er schon erreicht hat, worauf ich stolz war, was er abgelehnt hat."

Dankbar sei Hans-Peter Treiber, dass der Vater so viel aufgeschrieben hat, denn so konnte er ihn erst wirklich kennenlernen.

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Hans-Peter Treiber, "Studiert, das hätte ich am liebsten", Edition Lex Liszt 12

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