Mann sitzt an seinem Schreibtisch mit drei Monitoren

APA/AFP/INA FASSBENDER

Digital.Leben

Ergonomische Tipps für die Büroarbeit daheim

Im Lockdown leidet bei vielen nicht nur die Psyche, sondern auch der Rücken. Wer im Homeoffice arbeitet, hat nicht immer eine gesunde Möblierung. Ein ordinärer Küchensessel ist eben kein ergonomischer Bürostuhl. Bei manchen meldet sich auch das "Zoom-Fatigue-Phänomen": das ist der Erschöpfungszustand nach stundenlangen Videokonferenzen.

Der Ergonom und Sportwissenschaftler Paul Scheibenpflug veranstaltet regelmäßig Seminare zum Thema "Arbeiten im Home Office". "Digital.leben" hat ihn um ein paar Tipps gebeten.

Kurze Übungen zur Nackenentspannung

"Nein, Flocki" nennt sich eine klassische Übung zur Lockerung von Hals und Schultern.

Man stellt sich auf, beugt den Kopf nach unten und dreht ihn langsam von rechts nach links.

Verspannungen von Nacken, Schultern, Rücken sind die häufigste Folge vom schlechten Sitzen im Home Office. Darüber hinaus kann diese typische Home Office Sitzhaltung – runder Rücken, Kopf nach vorne gebeugt – aber zahlreiche andere Probleme verursachen: Verdauungsbeschwerden, flache Atmung, Einengung des Kehlkopfes, Sehstörungen, geringe Gehirndurchblutung, Konzentrationsstörungen.

"Wenn Sie den Kopf nach vorne schieben, dann wird die Arteria carotis ein bisschen eingezwickt und dann ist Ihr Gehirn automatisch weniger durchblutet", erklärt der Ergonom und Sportwissenschaftler Paul Scheibenpflug, "und in der Folge können Sie sich auch weniger gut konzentrieren."

Möglichst weit hinten auf dem Sessel sitzen.

Paul Scheibenpflug empfiehlt: Sich möglichst weit hinten auf den Sessel zu setzen, also: mit dem Popo an der Lehne hinabgleiten, damit der Rücken gerade bleibt. Die Füße sollten möglichst mit der gesamten Fußfläche am Boden stehen. Pech haben hier allerdings Menschen, die kleiner sind als 1,65 Meter. Denn die Standardsessel sind für Menschen in Standardgröße designed, also 1,65 bis 1,85. Kleinere Menschen können sich mit einem Kindersessel oder einem Stockerl für die Füße helfen.

Gut vorbereitet mit Licht und Luft

Doch gesundes Bildschirm-Arbeiten hat nicht nur mit der richtigen Sitzposition zu tun. Die Vorbereitung dafür beginnt gleich nach dem Aufstehen, betont Scheibenpflug. Zum Beispiel bei der richtigen Frühstücksbeleuchtung. Ein warmes, gelbes Licht mag zwar eine romantische Stimmung vermitteln, fürs Aufwachen ist es gar nicht gut. Der Ergonom empfiehlt für den Frühstückstisch weißliche Tageslichtlampen. Denn Licht hat starken Einfluss auf unser Schlafhormon Melatonin.

Ein kurzer Spaziergang um den Häuserblock bringt den Kreislauf wieder in Schwung.

Um konzentriert arbeiten zu können, muss außerdem der Kreislauf in Schwung gebracht werden. Im Idealfall mit Bewegung an frischer Luft. "Wenn man mehr als zwei Kilometer zu Fuß in die Arbeit geht, hat man bis zu neun Stunden lang mehr Sauerstoff im Kopf", sagt Paul Scheibenpflug, "und dann bin ich auch leichter konzentriert und werde später müde." Der Weg vom Frühstückstisch zum Home Office Schreibtisch ist aber nicht zwei Kilometer lang. Daher: ein kurzer Spaziergang um den Häuserblock ist kein Fehler – und sei es nur zum Supermarkt oder zur nächsten Corona-Teststation.

Schreibtisch: Tastatur, Maus und Filofax

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Stressvermeidung durch Essen, Pausen und Ruhe

Weitere Tipps des Sportwissenschaftlers: rechtzeitig essen, um niemals unterzuckert zu sein. Allerdings: nicht zu schwer essen, sonst ist man hinterher noch müder. Ausreichend Pausen sind wichtig und die sollte man von vornherein einplanen, denn der selbstgewählte Zeitpunkt komme immer zu spät, so Scheibenpflug: "Wenn Sie das Gefühl haben, Sie brauchen eine Pause, dann ist es schon zu spät, dann haben Sie bereits einen Leistungsverlust gehabt."

Die Finger sollte man auch von aufgestellter Computertastatur lassen. Diese unnatürliche Handhaltung könnte ein Karpaltunnelsyndrom verursachen. Den Bildschirm im rechten Winkel zum Fenster ausrichten, damit das Licht von der Seite kommt – das ist besser für die Augen, empfiehlt Scheibenpflug. Ist das aufgrund der räumlichen Gegebenheiten nicht möglich, so kann man sich ein großes Papier oder einen Karton hinter den Bildschirm stellen, auch das entlastet die Augen. Ebenso empfiehlt der Experte eine möglichst große Schrift am Bildschirm. Sind die Buchstaben zu klein, beugt man automatisch den Kopf nach vorne und sitzt erst wieder gekrümmt.

Lärm verursacht Stress. Daher mit der Familie Ruhe-Vereinbarungen aushandeln.

Und jetzt der wichtigste Tipp am Schluss: Lärm verursacht Stress. Daher mit der Familie Ruhe-Vereinbarungen aushandeln. Paul Scheibenpflug schlägt non-verbale Zeichencodes vor: "Wenn ich jetzt erst aufstehen muss, um meiner Tochter und meinem Enkel zu erklären, dass ich jetzt nicht gestört werden möchte, dann ist es schon vorbei." In seinem Fall ist dieser stille Code das Aufsetzen seines Headsets, erzählt der Home Office Experte. Sobald er es auf hat, weiß die Familie, jetzt braucht er seine Ruhe: "Manchmal setze ich mir es auch auf, obwohl ich eigentlich mit gar niemanden übers Headset spreche."

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