Isabelle Russo bei ihrer Arbeit (Buchrestauration)

ORF/JULIA ZARBACH

Tonspuren

Bücher retten heißt Welten retten

Isabelle Russo, Buchrestauratorin und ihr Mann Michael Fackelmann, Papier, Papyrus- und Globen-Restaurator, haben vor über 30 Jahren die "Restaurierwerkstatt Irenental" im Wienerwald gegründet. Zwischen alten Druckpressen, Lederstaub, Vergoldepulver, Japanpapier, Pergamenten und Prägelettern verrichten sie ihre Arbeit in einer idyllisch gelegenen Jahrhundertwendevilla noch komplett analog.

Die Kunden der Restaurierwerkstatt sind neben staatlichen Stellen, wie Museen und Archive, auch Klöster, Antiquarate und Galerien und private Sammler.

„Diese Sektion Papier- und Buch-Restaurierung, die wir hier betreiben, hat sich ja erst nach dem Krieg entwickelt. Vorher hat kein Mensch gewusst, was man in den Archiven mit den Büchern macht. Dann haben das Buchbinder in die Hand gekriegt und die haben es so bearbeitet wie man es nicht soll, darübergeklebt und Einbände weggeschmissen. Erst später hat sich eine Ethik der Restaurierung entwickelt“, erklärt Michael Fackelmann.

"Restaurierung ist die Auseinandersetzung mit dem Objekt und seiner Geschichte"

Isabelle Russo und Michael Fackelmann

Isabelle Russo und Michael Fackelmann

ORF/JULIA ZARBACH

Russo und Fackelmann sind echte Autoritäten auf ihrem Gebiet. Michael Fackelmann ist einer von weltweit nur sehr wenigen Fachleuten, die antike Schriftrollen restaurieren können. 1985 hat er das damals einzige Fachbuch über Papyrus-Restaurierung geschrieben. Die wenigen in dieser speziellen Sparte tätigen Personen pflegen einen regen internationalen Austausch.

Michael Fackelmann durfte in vielen Sammlungen der Welt arbeiten, war auch im Vatikan tätig und bei Ausgrabungen dabei. Nach siebzehn Jahren Papyrus-Restaurierung sattelte Michael Fackelmann auf Papierrestaurierung am Institut für Restaurierung der Österreichischen Nationalbibliothek um. Später begann er sich noch zusätzlich mit der Restaurierung von Globen zu befassen.

Isabelle Russos Weg zur Restaurierung war ein anderer: sie arbeitete nach dem Abschluss der Schule einen Sommer lang bei ihrem Onkel am Chiemsee in einem Antiquitätengeschäft. So wurde sie auf die Papierrestaurierung aufmerksam. Sie machte Buchbindekurse, arbeitete in einem Antiquariat, war am Institut für Restaurierung an der Nationalbibliothek tätig, wo sie Michael Fackelmann zum ersten Mal begegnete.

"Jedes Objekt hat seine Geschichte und diese Geschichte ist sichtbar."

In der Restaurierwerkstatt Irenental werden Bücher und andere Objekte nicht nur fachgerecht restauriert, sondern es wird auch versucht, genau herauszufinden, welche Behandlung die Objekte und ihre Besitzer benötigen. Ob alte Manuskripte von unschätzbarem Wert oder handgeschriebene Kochbücher der Großmutter - die beiden Restauratoren behandeln jedes Objekt gleichermaßen als unersetzbares Unikat.

„Restaurierung ist die Auseinandersetzung mit dem Objekt und seiner Geschichte“, sagt Isabelle Russo. Eine Geschichte, die respektiert werden soll und in der die Patina über der Perfektion steht. „Wir sind dazu da, um Schäden zu beheben und optisch an das Frühere anzugleichen. Wir sind aber nicht dazu da, um Schäden ungeschehen zu machen. So wie ein Mensch, wenn er älter wird, Falten hat, Narben hat, graue Haare hat - so ist es bei einem Objekt auch. Jedes Objekt hat seine Geschichte und diese Geschichte ist sichtbar“, so die Restauratorin.

Gestaltung: Julia Zarbach