Schlagzeug

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

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Grady Tate: Stimme und Schlagzeug

Grady Tate gilt als einer der meistaufgenommenen Schlagzeuger der Musikgeschichte. Im Studio und auch auf der Bühne arbeitete er mit u.a. Quincy Jones, Jimmy Smith, Oscar Peterson, Wes Montgomery oder auch Sängerinnen wie Ella Fitzgerald und Aretha Franklin zusammen. Aber auch als Sänger hat er mehrere Alben aufgenommen und wurde in dieser Rolle für den Grammy nominiert.

Der Geburtstag des 2017 verstorbenen Schlagzeugers und Sängers Grady Tate jährt sich am 14. Jänner zum neunzigsten Mal.

Durch und durch ein Gentleman

Wer im Internet sich auf die Suche nach Fotos des afroamerikanischen Schlagzeugers und Sängers Grady Tate macht, wird kaum ein Bild finden, an dem Tate nicht wie aus dem Ei gepellt aussieht. Der 2017 verstorbene Musiker war durch und durch ein Gentleman und könnte mit seinem Habitus und seiner Diktion jederzeit in der Rolle eines Adeligen und Schlossbesitzers auftreten.

Der vielseitig begabte Grady hatte tatsächlich auch Schauspiel studiert und Sprechunterricht erteilt. Und überdies an der North Carolina Central University ein Diplom in Englisch und Psychologie erhalten. Sein Geburtstag jährt sich am 14.Jänner zum 90. Mal.

„I played, I enjoyed, I laughed, and I played some more.”

Geboren in Durham, North Carolina, war seine musikalische Karriere zunächst ganz auf seine Stimme ausgerichtet. Er sang seit seinem vierten Lebensjahr, gab aber nach seinem Stimmbruch für mehrere Jahre das Singen auf. Während seiner Militärzeit betätigte er sich wieder musikalisch, und zwar sowohl als Sänger als auch als Schlagzeuger. Als Drummer wurde er schließlich international bekannt.

Grady Tate gilt als einer der meistaufgenommenen Schlagzeuger der Musikgeschichte mit mehr als 4.000 Aufnahmesessions. Auf diese schier unglaubliche Anzahl in einem Interview angesprochen, antwortete er lapidar: „I played, I enjoyed, I laughed, and I played some more.“ Er spielte, genoss es, lachte und spielte die nächste Session. Um wieder zum Nobilitätsvergleich zurückzukommen. Das erinnert mich stark an das Zitat von Gaius Julius Caesar: Veni, vidi, vici. Ich kam, sah, siegte. Alles wirkt so mühelos an seiner Karriere, aber obwohl Tate aus eher gutbürgerlichen mittelständischen Verhältnissen stammt: Als Kind und Teenager in den Südstaaten aufzuwachsen, war in den 1930-er und 1940er Jahren keine leichte Übung.

Es gab später ein vokales Statement von Tate dazu: „You want to shout and sing / Come on and do your thing / Oh, be black, Baby be black“, sang er zu einem funky Beat in „Be Black“, seinem Beitrag zur Be-Proud-Kampagne der Black Panthers von 1969.

Der "Drummer's Drummer"

Einer größeren Öffentlichkeit wurde Grady Tate nicht bekannt, weil er überwiegend als Studiomusiker arbeitete. Bei seinen Schlagzeugkollegen gilt er jedoch bis heute als "Drummer's Drummer". Sein Stil lässt sich kontradiktorisch als „spektakulär unspektakulär“ bezeichnen. Er zauberte mit seinem Spiel einen unfassbar swingenden und inspirierenden Rhythmusteppich. Wie eine flauschige und warme Decke, in die sich die Solisten und Vokalisten einwickeln konnten und so versorgt entspannt ihre besten Leistungen abrufen konnten.

Der Bassist Christian McBride hat in einem Interview einmal folgerichtig gesagt, dass Gradys Abwesenheit ihm immer mehr als seine Anwesenheit aufgefallen sei. Weil dann der Groove und die gute Stimmung auf einmal weg gewesen sei. Im Studio und auch auf der Bühne arbeitete Tate mit unter anderem dem Arrangeur Quincy Jones, dem Organisten Jimmy Smith und dem Pianisten Oscar Peterson, Wes Montgomery oder auch Sängerinnen wie Ella Fitzgerald und Aretha Franklin zusammen.

Grammy-Nominierung als Sänger

Besonders gern musizierte Grady mit der Vokalistin Peggy Lee. Und Lee war es auch, die den Mann mit der samtigen Baritonstimme ermunterte, seine Laufbahn als Sänger zu intensivieren. In dieser Rolle nahm Tate mehrere Alben auf und erhielt dafür eine Grammy-Nominierung. Besonders in seinen späteren Jahren setzte er sich immer weniger hinter das Drumset und stellte sich lieber vor ein Gesangsmikrofon. Am 8.Oktober 2017 verstarb er im 85.Lebensjahr im Kreis seiner Familie in New York. Obwohl er ganz am Schluss mit der Demenz zu kämpfen hatte: So sieht wohl ein geglücktes Leben aus.

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