Heißluftballone

AP/YASUSHI KANNO

Radiokolleg

Wort.Schätze

Die UN-Dekade der indigenen Sprachen soll aufrütteln und bewusst machen, wie dramatisch die Reduktion der weltweit gesprochenen Sprachen bereits fortgeschritten ist und welche kulturellen Verluste damit einher gehen. Mit einer inspirierenden Vielfalt an Themen, Stimmen und Sichtweisen das Bewusstsein dafür zu fördern, ist das Anliegen des Ö1 Jahresschwerpunkts. Zum Auftakt gab es die neue Sendereihe "Wort.Schätze. Die Ö1 Sprachviertelstunde" im "Radiokolleg".

"Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt." Folgen wir dem Gedankengang Ludwig Wittgensteins und stellen uns vor, wir könnten alle Sprachen verstehen oder gar sprechen: die wichtigen Verkehrssprachen genauso wie Jugendsprachen, regionale Dialekte genauso wie Fachsprachen oder Sprachen, die bald nicht mehr existieren werden, weil es nur noch wenige Sprecher/innen gibt. Wie würden die engen Grenzen der eigenen Gedankenwelt aufgehen! Die Sprache Kayardild zum Beispiel wird im australischen Queensland gesprochen und stellt gängige Lehrmeinungen darüber infrage, was eine mögliche menschliche Sprache ist.

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Denn der Zeitaspekt wird hier nicht nur an Verben ausgedrückt, sondern auch an Substantiven. Die Vorstellungswelt des Kayardild zu erfassen wird zukünftig immer schwerer möglich sein, denn es gibt nur noch ein paar aktive Sprecher/innen. "Wenn Sprachen sterben: Und was wir mit ihnen verlieren" nennt der Sprachwissenschaftler Nicholas Evans sein Buch und zeichnet untergehende Welten nach.

Kann man tote Sprachen wiederbeleben?

Ö1 möchte heuer ein Zeichen für sprachliche Vielfalt, Mehrsprachigkeit und Sprachkultur setzen und damit am Beginn der UN-Dekade der indigenen Sprachen auch zukunftsweisende Ansätze für Diversität im Sprach(en)-Bewusstsein vorstellen. Der Fokus richtet sich auf das Verschwinden und die Erneuerung, auf die "Biodiversität" bedrohter Sprachen und die zukunftsweisenden Bemühungen, ihre Vielgestaltigkeit und Potenziale zu bewahren, ob im globalen oder lokalen Kontext.

"Kann man tote Sprachen wiederbeleben?", fragen wir deshalb zum Auftakt in Staffel eins der neuen Hörreihe nach. Denn es gibt zahlreiche Versuche, das zu tun: In den wenigsten Fällen gelingt das so gut wie mit dem Hebräischen, heute Muttersprache von rund neun Millionen Menschen.

Über 250 Sprachen spricht Österreich

Kommunikation in ihren unterschiedlichen Ausprägungen wird es geben, solang es Menschen gibt. "Wie viele Sprachen spricht Österreich?", fragen die Wort.Schätze deshalb gleich im Februar. Spoiler: mehr als 250. Das sind neben Deutsch auch Ungarisch, Burgenland-Kroatisch und Slowenisch als Amtssprachen, darüber hinaus aber eben viele mehr. BKS, also Bosnisch, Kroatisch und Serbisch, oder Türkisch gehören schon lang zum akustischen Alltag, genauso Kurdisch, Albanisch, Polnisch - und mehr oder weniger schlechtes Englisch.

In den vergangenen Jahren sind weitere Sprachen (vermehrt) dazugekommen: Sie spiegeln die politische und ökonomische Realität wider. Wie mit diesen vielen Sprachen umgegangen wird, entscheidet nicht zuletzt die Politik, und ein umsichtiger Umgang zeigt sich mitunter darin, dass Dolmetscher/innen zur Verfügung gestellt werden, es mehrsprachige Informationen gibt oder ausreichend Angebote für niederschwellige Deutschkurse bestehen.

Lebensrealitäten übersetzen

Thema ist die Sprache auch als umfassendes kulturelles Phänomen, ihre Möglichkeit zu vermitteln und jenseits rein sprachlicher Kompetenzen Lebensrealitäten zu übersetzen und verständlich zu machen. Deshalb spüren wir den Zusammenhängen von Sprechen und Identität nach. Wo auf der Welt wird - außerhalb von Österreich, Deutschland und der Schweiz - noch Deutsch gesprochen? Welchen Stellenwert hat die deutsche Sprache für ihre Sprecher/innen im peruanischen Amazonasgebiet, in Pennsylvania oder in Siebenbürgen?

Weitere Themen sind: Wie Menschen neue Behelfssprachen schaffen, um miteinander zu kommunizieren. Oder: Welchen Einfluss der sprachgewaltige Martin Luther mit seiner Bibelübersetzung auf das heutige Deutsch hatte? Sein poetisches Genie hat Alliterationen wie "zu zittern und zu zagen" oder "Schmach und Schande" geprägt.

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