Thomas Maurer

ERNESTO GELLES

Kabarett

Politisch korrekte Azteken: Das neue Solo von Thomas Maurer

Das tagesaktuelle Kabarett hat er bei den „Staatskünstlern“ geparkt, seine Soloprogramme gestaltet er als Ping-Pong-Spiel zwischen Menschheitsgeschichte und Gegenwart, als gedankliche Reise von der aztekischen Hochkultur bis zum Gewerbegebiet Gerasdorf: Am Dienstag hatte Thomas Maurers neues Soloprogramm „Zeitgenosse aus Leidenschaft“ Premiere. Ein Nachbericht.

Thomas Maurer

ERNESTO GELLES

„Meine sehr verehrten Damen und Herren, und selbstverständlich auch Queer-, Trans- und Interpersonen“: Inklusiver Sprachgebrauch bei der Begrüßung des eigenen Publikums zählt zu den zahlreichen An- und Überforderungen, denen sich Thomas Maurer an diesem Abend leidenschaftlich widmet.

„Ich hoffe, in Ihrem Interesse zu handeln, wenn ich Traditionsbegriffe wie ‚Oaschloch‘ oder ‚Nazi‘ ungegendert belasse“, fügt Maurer gleich hinzu, und gesteht, in seinem Alter von den „Entwicklungen der Gegenwart doch überfordert“ zu sein.

Menschenopfer einst und heute

Und er überfordert sein Publikum in weiterer Folge gleich mit: Da sitzt er gerade noch im Auto und erschrickt über die brennende Zigarette zwischen seinen Fingern, wo er doch zum Rauchen aufgehört hat - und landet im nächsten Moment bei den Azteken. Ob diese wohl auch so etwas wie "political correctness" kannten, obwohl sie zugleich grausame Menschenopfer darbrachten?

Menschenopfer, wird Maurer später bei einem Bobo-Treffen einem befreundeten Sportjournalisten erklären, gebe es auch in unserer Zeit, wenn der Bau eines WM-Stadions in Katar etwa tausende Menschenleben fordere. Es sind die stärksten Momente im neuen Soloprogramm "Zeitgenosse aus Leidenschaft", wenn vermeintlich willkürliche Abschweifungen in weit entfernte Zeiten und Gegenden plötzlich zum Spiegel für die Gegenwart werden.

Thomas Maurer

ERNESTO GELLES

Beethoven-Klon am Knoten Guntramsdorf

Ein „Polaroidfoto der Gegenwart“ solle dieser Abend sein, formuliert es Maurer im Ö1 Gespräch. Die österreichische Innenpolitik und das Thema Corona streift der Kabarettist erst nach der Pause. Noch Ende März hat Maurer bei einem Fernsehauftritt den Corona-Tod seines Vaters öffentlich gemacht und die Politik für die verschleppte Impfstoff-Verteilung kritisiert. Die Vorzeichen haben sich geändert, und nun malt er sich aus, wie der Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer sich wohl als Impfverweigerer angehört hätte.

Oder Ludwig van Beethoven, den die Schönheit der Landschaft südlich von Wien einst zu seiner sechsten Symphonie inspiriert hat: Wie würde sein Klon wohl reagieren, wenn man ihn mitten im bodenversiegelten Gewerbegebiet in die Raststation beim Knoten Guntramsdorf setzen würde? Es sind solche Bilder, die von diesem Abend bleiben - auch wenn dazwischen manche Schmähs über Bobos und political correctness altbekannt wirken. Mit seinem vor zwei Jahren veröffentlichten Soloprogramm "Woswasi" konnte Thomas Maurer nur kurz auftreten, ehe die Pandemie losbrach - sein neues würde sich eine längere Lebenszeit verdienen.

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