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ORF/JOSEPH SCHIMMER

Gastpreis der DADK

Hörspiel des Jahres 2021

Erstmals war Ö1 Gastgeber für die Auszeichnung zum "Hörspiel des Jahres" vergeben von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste. Das Preisträgerstück "Nagelneu" ist mehr als nur ein akustischer Ausflug ins Nagelstudio.

Hen und Mai - so heißen die feilenden, schmirgelnden und lackierenden Alter Egos des Berliner Performance-Duos Hendrik Quast und Maika Knoblich. In ihrem Hörspiel "Nagelneu" kümmern sich die beiden hingebungsvoll um die Hände ihrer Kund:innen. In scheinbar belanglosem Small-Talk stecken die "Nail-Artists" die Grenzen zwischen Nagelpflege und Kunst neu ab.

Ausschnitt aus dem Preisträgerstück "Nagelneu"

Tauchgang in die Welt des Nageldesigns

Die Idee, die Welt des Nageldesigns genauer unter die Lupe zu nehmen, sei aus einem generellen Interesse an "abseitigen Themen oder Orten, an denen im weitesten Sinne auch Kunst produziert wird, die aber als solche nicht anerkannt wird" entstanden, so Hendrik Quast. Das Spannungsfeld zwischen dem kreativen Prozess und prekären Arbeitsverhältnissen, in denen sich die überwiegend weiblichen Nageldesigner:innen befinden, sei ein weiterer Grund gewesen, die Lebensrealitäten der Beschäftigten genauer zu betrachten. Ein Vorhaben, dem sich Quast und Knoblich mit Empathie und Entschlossenheit widmeten.

Von der Pike auf gelernt

Ihre Recherche begannen Maika Knoblich und Hendrik Quast dort, wo die Karriere jedes Nagelkosmetikers und jeder Nagelkosmetikerin ihren Anfang nimmt: an einer Nagelakademie. In Berlin absolvierten sie eine Ausbildung als Nageldesigner:innen - mit Erfolg. Es entstanden Texte, die zuerst in tatsächlichen Sessions erprobt, folglich als Theaterperformance inszeniert und später als Hörspiel bearbeitet wurden.

In der Umsetzung ließen sich Quast und Knoblich von der Vorstellung leiten, ihren Hörer:innen "die Nägel zu machen". Durch die Zusammenarbeit mit Dramaturgin Christina Hänsel gelang es, dieses Vorhaben auch "spürbar" zu machen. Die gewollt leichtgängige Easy Listening-Komposition von Katharina Stephan formte die musikalische Umgebung. Und nicht zuletzt kam dem Hörspiel auch die vom WDR vorgegebene Länge von etwa 30 Minuten zugute. Sie entspricht der tatsächlichen Dauer einer Nagelbehandlung.

Herzensentscheidung der Jury

Der Auszeichnung voran ging die einjährige und überaus anspruchsvolle Jurytätigkeit von Kulturjournalistin Margarete Affenzeller (Der Standard), Musiker und Komponist Florian Kmet sowie von Christine Ehardt, Theater-, Film- und Medienwissenschafterin der Universität Wien.

Allmonatlich reichen die Sender ARD, ORF und SRF eine ihrer Neuproduktionen, die im jeweiligen Monat gesendet wurden zum Wettbewerb "Hörspiel des Monats/Jahres" ein. So galt es jeden Monat eine Vielzahl an Produktionen durchzuhören, zu bewerten und eines davon zum "Hörspiel des Monats" zu küren. Aus den zwölf Monatssiegern wurde schließlich das "Hörspiel des Jahres 2021" gewählt.

Die Vorlieben und Schwerpunkte der Jurymitglieder seien sehr unterschiedlich gewesen. Da konnte es schon vorkommen, dass ein Jurymitglied die anderen mit überschwänglicher Begeisterung mitriss, so Margarete Affenzeller im Studiogespräch der Ö1 Hörspiel-Gala. Welcher Juror, welche Jurorin den Sturm der Begeisterung für "Nagelneu" entfacht hat, konnten wir zwar nicht in Erfahrung bringen, es scheint aber, als sei der Funke auch auf die übrigen Jurymitglieder und von dort auf das Publikum übergesprungen.

Im kommenden Jahr fungiert Deutschlandfunk Kultur als gastgebender Sender für das Hörspiel des Jahres. Die Jury für das Jahr 2022 besteht aus Ania Mauruschat (Medienkulturwissenschaftlerin, Radiojournalistin) Neo Hülcker (Komponist und Performer) und Vito Pinto (Theaterwissenschaftler, Kulturarbeiter, Textwerker).

Service

Deutsche Akademie der Darstellenden Künste

Nagelneu ist nachzuhören in der ARD Audiothek

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