Deix-Zeichnung: Familie vor Kirche

AICHHOLZER FILM

"Rotzbub"

Der Deix-Film

In das erzkatholische und fiktive "Siegheilkirchen", einen kleinen Ort im Hinterland der Alpenrepublik, führt der Animationsfilm "Rotzbub". Es ist eine Coming-of-Age-Geschichte, die den Figurenkosmos des 2016 verstorbenen Karikaturisten Manfred Deix zum Leben erweckt.

In den 1960er Jahren ringt der von allen nur "Rotzbub" genannte Sohn von Wirtsleuten mit dem spießigen Klima in seiner österreichischen Heimat. Durch sein Zeichentalent schafft sich der "Rotzbub" ein Ventil für seine Frustration und bietet damit auch seinen Mitschülern beste Unterhaltung.

Drei Rotzbuben

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Als "Gesamtkunstwerk, das die Grenzen der Zeichnung sprengt" hat Stefanie Sargnagel das Schaffen von ihrem Vorbild Manfred Deix beschrieben. Für die Cartoonistin und Buchautorin dienten die Werke des im Sommer 2016 verstorbenen Karikaturisten einst als willkommener Zündstoff für die Entwicklung ihrer eigenen schöpferischen Fantasie.

Wenn ein Mensch rebellisch wird ...

Die Zeichnungen von Manfred Deix waren satirische Fußnoten zu politischen Ereignissen, sarkastische Kommentare zu neuen Gesetzesverordnungen oder auch schonungslose Illustrationen der Chronik-Meldungen österreichischer Tageszeitungen.

Aus dem unverwechselbaren Figurenarsenal dieses großen österreichischen Zeichners, haben Santiago Lopèz Jover und Marcus Rosenmüller eine biografisch an Deix angelehnte Coming-of-Age-Geschichte aus der Provinz der 1960er Jahre erschaffen.

"Das, was mich immer wieder fasziniert, ist dieser Moment in der Jugend eines Menschen, in dem man rebellisch wird. (…) Diesen Moment habe ich in meinen Filmen immer wieder im Fokus gehabt und jetzt auch beim 'Rotzbub'", sagt der bayrische Co-Regisseur Marcus Rosenmüller.

Katholisches "Siegheilkirchen" in Aufruhr

Im Animationsfilm "Rotzbub" zeichnet der junge Deix lieber nackte Frauen, anstatt ein artiger Schüler zu sein und versetzt das erzkatholische "Siegheilkirchen" in Aufruhr. Der echte Manfred, so meinte die langjährige Lebenspartnerin des Künstlers Marietta Deix, sei allerdings noch viel schlimmer gewesen als der Rotzbub im Film.

Frau und knieender Mann

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So hätte er etwa als 14-Jähriger einmal Geld aus der Wirtshauskassa seiner Eltern gestohlen und sei damit zu Sexarbeiterinnen am Wiener Gürtel gefahren, um eingehende Milieustudien zu betreiben.

Die Ewiggestrigen

Das im Film porträtierte fiktive Siegheilkirchen ist eine Ortschaft der Ewiggestrigen: Der Gendarm erledigt seinen Dienst meist betrunken, der Pfarrer ist ein gewalttätiger Tyrann und auch der Friseur schneidet ausschließlich und leidenschaftlich Haarschnitte im Stil der Hitlerjugend. Ein Ort, in dem das ländliche Patriarchat mit aller Macht wütet, die Kirche noch das Sagen hat und alles Fremde ein Dorn im Auge ist.

Mann hält Rede, neben ihm ein Pfarrer und Musiker

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"Das hat mir an unserem Film so gut gefallen, dass man sich durch die Kunst äußert und wehrt, ohne kriegerische Mittel. Dass man sich mit dem Intellekt wehrt - zumindest in der Utopie unseres Filmes." Der talentierte Rotzbub - dem Markus Freistätter seine Stimme leiht - zeichnet gegen die moralischen Werte seiner Zeit an und verliebt sich in das diskriminierte Roma-Mädchen Mariolina - gesprochen von Gerti Drassl.

Susi Stach ist als Wirtin und Mutter zu hören, Katharina Straßer als Fleischhauerin, Erwin Steinhauer als sanfter Widerstandskämpfer oder auch Bilderbuch-Frontman Maurice Ernst als Lausbub, der die Aktzeichnungen von Deix an seine Mitschüler verkauft.

Aängstlicher Schüler, Religionslehrer mit Nacktzeichnung

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"Rotzbub" ist ein Animations-Film, der deixsche Figuren und Ideen hochleben lässt, aber die Sprengkraft des leidenschaftlichen Provokateurs Manfred Deix dann doch sehr mildert.

Service

Karikaturmuseum Krems - Deix-Archiv

Gestaltung

  • Julia Baschiera