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ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Matrix

Wie Captchas ins Internet kamen

Beweisen Sie, dass Sie keine Maschine sind - Klicken sie Bilder an, auf denen Sie eine Ampel sehen; Wohl jede und jeder sind schon auf die Suchbild-Rätsel gestoßen, in denen man bestimmte Dinge, wie eine Ampel, Autos, oder LKW erkennen muss. Erst, wenn man die Aufgaben löst kann man einen Bezahlvorgang abschließen, oder die Inhalte einer Website ansehen.

Der Name der kleinen Hürden, die Unternehmen helfen, Menschen von Maschinen zu unterscheiden: Captcha. Ein Acronym für „completely automated public Turing test to tell computers and humans apart“. Der Namensgeber ist der venezuelisch-amerikanische Mathematiker und Turing-Award-Preisträger Manuel Blum.

Die Anfänge von künstlicher Intelligenz

Massachusetts Institute of Technology, unter dem Neurophysiologen Warren McCulloch an mathematischen Problemen, die ein Kollege, Marvin Minsky, bald darauf, 1956, unter dem Begriff „Künstliche Intelligenz“ zusammenfassen wird. Blum: „McCulloch hatte zusammen mit dem Mathematiker Walter Pitts an einer wichtigen Grundlage für KI geforscht und das erste formale Neuron definiert. Ausgehend von den Neuronen im menschlichen Gehirn haben sie bewiesen, dass ein Gehirn, das aus diesen Neuronen aufgebaut ist, eine Turing-Maschine simulieren kann.“

Der Keller des MIT, wo die Blums arbeiten, avanciert bald zum interdisziplinären Treffpunkt, um Ideen, Gedanken und Probleme zu besprechen. Eine magische Zeit, wie sich Lenore Blum erinnert: „Ein großer Teil der Arbeit an künstlicher Intelligenz wurde im Keller vom Gebäude Nummer 26 erledigt. Dort unten saßen wir alle zusammen. In teilweise provisorischen Bauten, die während des Krieges errichtet wurden. Es waren merkwürdige und keine schönen modernen Orte. Und wir trafen uns alle immer in Warrens Büro im Keller. Von Neurophysiologen, über Ingenieure bis hin zu Elektrotechnikern.“

MIT, kein Ort für Frauen

Dass Lenore Blum zu dieser Zeit ebenfalls am MIT studiert, stellt in den 60er-Jahren eine Ausnahme dar, erzählt sie. Es ist, so Blum, einem glücklichen Umstand zu verdanken: „Als ich mich beworben habe, teilte man mir mit, das MIT sei kein Ort für Frauen. Und der einzige Grund, warum ich angenommen wurde, war, dass ich bereits einen Kurs am MIT als beste absolviert hatte. Mein Professor war damals auf einer Party. Dort hatten seine Kollegen über dieses Junge Mädchen, das ich damals war, gewitzelt, weil sie ans MIT wollte. Und er sagte „Nun, dieses Mädchen ist die beste Studentin in meiner Klasse“. Deshalb wurde ich aufgenommen.“

Geprägt durch die eigenen Erfahrungen begann Lenore Blum sich für eine stärkere Beteiligung von Mädchen und Frauen in der Mathematik einzusetzen. 1975 wurde sie die Präsidentin der „Association for women in mathematics“. Eine Organisation, die sie mitgegründet hat. Im selben Jahr organisierte sie auch Konferenzen für Mädchen in High-Schools, um sie für die Forschung zu begeistern. 1990 wurde sie die Vizepräsidentin der Amerikanischen Gesellschaft für Mathematik. Elf Jahre später, 2001, entwickelte sie zusammen mit ihrem Mann einen Internet-Meilenstein. Captchas sollen Unternehmen helfen herauszufinden, ob das digitale Gegenüber im Internet ein Mensch oder eine Maschine ist.

Ein Programm, das Menschen hineinlässt und Bots fernhält

Manuel Blum: „Es begann damit, dass mir Udi Manber, ein Informatiker, der damals Chief Academic Officer bei Yahoo war, vom Chatroom-Problem erzählt hat. Programme, die fake-Profile erstellen und sich als Menschen ausgeben und immer mehr wurden, waren ein großes Problem. Was er also wollte, war ein Programm, das Menschen hineinlässt und Bots fernhält.“

Das Problem scheint auf den ersten Blick unmöglich zu lösen. Entwickelt ein Computer einen Test, der nur von Menschen zu lösen ist, wie soll die Maschine in der Lage sein zu überprüfen, ob sie die richtige Antwort bekommt? Blum: „Der einzige Grund, warum es funktioniert, ist, weil der Computer ein Wort aus dem Wörterbuch nehmen kann. Er kennt das Wort also. Und dann erst deformiert er es so, dass auch er es nicht mehr lesen kann. So kann man Bots zum Beispiel aus Chaträumen fernhalten. Großartig. Und wenn es nicht mehr funktioniert, ist das auch großartig. Das bedeutet, dass Künstliche Intelligenz tatsächlich in der Lage ist, etwas zu lesen.

Ein kleiner Schritt zur Superintelligenz

Die künstliche Intelligenz, die ein Captcha lösen kann, beziehungsweise eine Maschine, die ein Bewusstsein besitzt und Gefühle entwickeln kann, ist auch das neue mathematische Steckenpferd von Lenore und Manuel Blum. Sie haben die Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz von Beginn an begleitet und sind überzeugt, dass es zur Superintelligenz nur noch ein kleiner Schritt ist.

Manuel Blum: „Jetzt fragen Sie sich sicher, ob das gut oder schlecht ist. Aber denken Sie nur, wie rasant Technologie unser Leben zum Besseren verändert hat. Es ist unglaublich, wie viel besser es uns mittlerweile geht. Leute fragen mich oft, was ich glaube, wann es zur Singularität, zur Superintelligenz kommt. Ich glaube, wir stehen kurz davor.“

Gestaltung: Sarah Kriesche