Das Wiener Konzerthaus bei Nacht

RUPERT STEINER

RSO Wien live

Hexenjagd und Kreisverkehr

Das RSO Wien unter Marin Alsop im Wiener Konzerthaus.

Der reiche Serienkiller und seine schöne Braut, die so lang nachhakt, bis sie sein Geheimnis offenbart. Nein, dies ist nicht der Thriller des TV-Hauptabends, es ist der Plot einer mehr als 100 Jahre alten Oper, geschrieben von Béla Bartók. Doch die Geschichte geht über den Thriller weit hinaus. "Herzog Blaubarts Burg" beruht auf einer Legende, die Kunst- und Kulturschaffende zu immer neuen Deutungen anregt.

Seelendrama

Die Version des ungarischen Komponisten darf als eindringlichste und berührendste Deutung gelten. In einem einstündigen, streng gebauten Kammerspiel schildert Bartók den Zweikampf zwischen Blaubart und Judit als Seelendrama. In der dunklen Burg des Ritters öffnet sie eine Tür nach der anderen, um immer mehr Licht hineinzulassen - und gleichzeitig über die Blutspuren an den Schätzen und Ländereien ihres Bräutigams immer tiefer in dessen dunkle Welt hinabzutauchen. Hinter der siebenten Tür schließlich entdeckt sie ihre hingemordeten Vorgängerinnen.

Das Libretto von Béla Balázs hat Béla Bartók 1911 mit einer atemberaubenden Musik vertont. Jede Tür versah er mit einer eigenen Farbe, einer eigenen Instrumentation, einer eigenen Tonart. Scharfe Dissonanzen markieren die Blutspuren in der Burg. Galt das Stück wegen seiner Kürze zunächst als unaufführbar, ebnete der große Publikumserfolg von Bartóks "Der holzgeschnitzte Prinz" 1917 auch seiner Blaubart-Oper den Weg auf die Bühnen der Welt.

"Geständnis" einer Hexe

Marin Alsop räumt den großen Werken Bartóks einen Ehrenplatz in ihren Konzerten mit dem RSO Wien ein. Im Konzerthaus kombiniert sie den Geschlechterkampf zwischen Judit und Blaubart mit einem schottischen Drama.

Die Bäuerin Isobel Gowdie, als Hexe angeklagt und hingerichtet, war 1662 nur ein Kirchenopfer unter vielen. Überliefert ist aber ihr umfangreiches, mutmaßlich unter der Folter erzwungenes "Geständnis". Den Komponisten James MacMillan haben ihre "Confessions" zu einem halbstündigen Orchesterwerk - überraschend, farbig, frech - inspiriert.

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Sichtbarmachung kinetischer Energien

Zu diesen starken Frauenfiguren gesellt sich als Dritte im Bunde die ungarische Komponistin Judit Varga, seit einem Semester Professorin an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Marin Alsop und das RSO Wien hatten bei ihr ein kurzes Werk in Auftrag gegeben, das aus der pandemisch verstümmelten Vorsaison in den April 2022 gerettet wurde.

"Around a Roundabout", schreibt die Komponistin, "ist ein sehr kurzes und vitales Stück für großes Orchester. Dieser mächtige Klangkörper rast mit überraschender Leichtigkeit über abstrakte Fahrbahnen. Ein weiteres Stück aus jener Reihe, in der ich mich mit der auditiven Sichtbarmachung kinetischer Energien beschäftige. Diesmal in einem leichten, heiteren Ton, trotz massiven Orchesterklangs."

Ö1 Hörer:innen sind am 29. April live dabei. Wer zu spät kommt, hat dank Radiothek noch sieben Tage Zeit, die siebente Tür zu öffnen.

Text: Christoph Becher, Intendant des RSO Wien