Ferruccio Furlanetto in der Rolle des „Boris Godunow" in der Wiener Staatsoper.

APA/HANS KLAUS TECHT

Wiener Staatsoper

"Boris Godunow"

Eine Wiederaufnahme der Oper von Modest Mussorgsky in der Wiener Staatsoper - Mit Ildar Abdrazakov (Boris Godunow), Margaret Plummer (Fjodor), Tamuna Gochashvili (Xenia), Thomas Ebenstein (Schuiskij), Vitalij Kowaljow (Pimen), Dmitry Golovnin (Grigori). Sebastian Weigle dirigiert Chor und Orchester der Wiener Staatsoper.

"Boris Godunow" von Modest Mussorgsky zählt zu den bedeutendsten Werken der russischen Opernliteratur. Das Werk wie auch die literarische Vorlage, die "Dramatische Chronik" von Alexander Puschkin, basiert auf der Annahme, dass der Bojar Boris in Verfolgung ehrgeiziger Pläne Dimitrij, den letzten männlichen Nachkommen des Zaren Fjodor I., habe ermorden lassen.

Der Zarewitsch war 1591 in Uglitsch verstorben, ob es sich dabei um einen Unglücksfall oder um Mord handelte, ließ sich Jahre danach nicht mehr ermitteln; mittlerweile schließt die Geschichtsforschung Boris Godunow als Urheber eines Attentats aus.

Abgelehnt, da Frauenrolle fehlte

Im September 1868 hatte der Komponist mit seinem Volksdrama begonnen; vom Sujet war er derart begeistert, dass er bereits 1869 die Skizze der Oper, zu der er selbst nach Puschkin den Text geschrieben hatte, beenden und schließlich 1870 auch die Instrumentation abschließen konnte. Die Kaiserliche Oper in St. Petersburg lehnte jedoch eine Aufführung ab; hauptsächlich waren das Fehlen einer großen Frauenrolle sowie das Überwiegen der Massenszenen von der Prüfungskommission beanstandet worden.

Zuerst wollte der Komponist sein Werk aufgeben, wurde dann aber von Freunden dazu überredet, eine neue Version zu erstellen. Die beiden in Polen spielenden Bilder (mit einer Quasi-Liebeshandlung zwischen der machthungrigen Marina und dem falschen Dimitrij) wurden neben anderen Änderungen eingeschoben. Doch auch diese "Originalfassung" genannte Version wurde zuerst einmal abgelehnt; erst 1874 ist "Boris Godunow" erstmals, aber nicht ganz komplett, auf einer Bühne gespielt worden.

Bearbeitung von Nikolai Rimski-Korsakow

In aller Welt bekannt wurde Mussorgskys Werk aber nicht in den beiden unterschiedlichen Versionen des Komponisten, sondern in der grundlegenden Neubearbeitung von Nikolai Rimski-Korsakow, der die rauen, düsteren, schroff en und kantigen Facetten des Originals in einer klangprächtigen Neuorchestrierung abmilderte.

Auch an der Wiener Staatsoper hat man über lange Jahre hinweg Boris Godunow in der Klangpracht der Rimski-Korsakow-Bearbeitung gespielt, erst 1991 ist man mit der Neuproduktion unter Claudio Abbado zur spröderen "Originalfassung" zurückgekehrt - und an dieser Version war auch die nächste Produktion im Jahr 2007 (unter der Leitung von Daniele Gatti) angelehnt.

"Ur-Boris" in sieben Bildern

Damals war das Werk in "vier Akten mit einem Prolog" gespielt worden, in späteren Reprisen wurden dann aber bereits Kürzungen vorgenommen und Bilder weggelassen - und schließlich wechselte man bei einer Neueinstudierung 2012 gänzlich die Fassung und zeigte in der vorhandenen Ausstattung von Yannis Kokkos den "nur" sieben Bildern umfassenden "Ur-Boris". In dieser Version kehrt "Boris Godunow" nun nach sechs Jahren der Absenz vom Spielplan in das Repertoire der Wiener Staatsoper zurück.

Gestaltung