Leuchten im Opernsaal

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Richard Strauss

"Capriccio" live aus der Staatsoper

Eine Oper über die Oper - mit Maria Bengtsson (Gräfin), Morten Frank Larsen (Graf), Daniel Behle (Flamand), Andrè Schuen (Olivier), Christof Fischesser (La Roche), Michaela Schuster (Clairon) u. a. Dirigent: Philippe Jordan - in einer Live-Übertragung aus der Wiener Staatsoper.

Summe und Sonderfall zugleich - so lässt sich "Capriccio", ein Konversationsstück für Musik, umschreiben: Summe, da es den Schlusspunkt im Opernschaffen von Richard Strauss darstellt. Sonderfall, da es sich beim Thema des Werkes nicht um eine typische Operngeschichte handelt, sondern um einen Diskurs über die Oper an sich.

"Leckerbissen für kulturelle Feinschmecker"
Richard Strauss

"Eine geistreiche dramatische Paraphrase des Themas: Erst die Worte, dann die Musik (Wagner) oder Erst die Musik, dann die Worte (Verdi) oder Nur Worte, keine Musik (Goethe) oder Nur Musik, keine Worte (Mozart). (...) Dazwischen gibt es natürlich viele Zwischentöne und Spielarten! Diese in verschiedenen heiteren Figuren dargestellt und projiziert, das schwebte mir vor", so Strauss in einem Brief anno 1939.

Von Stefan Zweig angeregt

Stefan Zweig, angeregt durch das Libretto zur Salieri-Oper "Prima la musica, poi le parole", hatte den Komponisten 1934 auf dieses Thema aufmerksam gemacht, mehrere Jahre mussten jedoch vergehen, ehe Strauss das Sujet erneut aufgriff. Da ihm zu diesem Zeitpunkt Zweig nicht mehr als Librettist zur Verfügung stand, versuchte er es mit Joseph Gregor, war aber mit dessen Entwürfen unzufrieden, sodass er ihm das Projekt wieder entzog.

Schließlich entstand "Capriccio" in enger Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Clemens Krauss - und unter Beibehaltung eines Gedankens, der zu den ersten Ideen von Strauss bezüglich dieses Werks gehörte: "Am Schluss keinerlei Happy End, sondern alles in Schwebe gelassen, auch die persönlichen Beziehungen der Paare: ob der Graf die Schauspielerin heiratet, ob die Comtesse sich für den Dichter oder den Musiker entscheidet oder für keinen von beiden! Kurz: ein großes Fragezeichen!"

Wort vs. Musik bleibt offen

Einen Sonderfall stellt also "Capriccio" auch in diesem Aspekt dar, denn die Handlung kommt zu keiner Schlusslösung. "Kein Stück für das Publikum", so der 78-jährige Richard Strauss - er betrachtete seine Reflexionen über das Primat von Musik oder Text in der Oper, 1942 in München unter der Leitung von Clemens Krauss uraufgeführt, als "Leckerbissen für kulturelle Feinschmecker".

Die Wiener Erstaufführung ist im März 1944 in der Staatsoper über die Bühne gegangen - das Ensemble unter Karl Böhm wurde von Maria Cebotari in der Rolle der Gräfin angeführt. Nur ein kurzes Dasein war der "Capriccio"-Produktion im Staatsopern-Ausweichquartier des Theaters an der Wien 1951 beschieden, umso länger, 37 Jahre, sollte dagegen die Staatsopern-Inszenierung von 1960 im Repertoire verbleiben. 2008 folgte die bisher letzte neue "Capriccio"-Produktion des Wiener Opernhauses am Ring - eine Inszenierung von Marco Arturo Marelli, bei der Premiere musikalisch geleitet von Philippe Jordan. Er, der Musikdirektor des Hauses, steht jetzt auch am Pult, wenn diese Produktion wiederaufgenommen wird.

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